Gauck ehrt Hildenerin in Berlin

Die 68-Jährige koordiniert Freiwillige, die Flüchtlinge betreuen.

Hilden. Die Einladung von Bundespräsident Joachim Gauck zum Neujahrsempfang ins Schloss Bellevue nach Berlin ist eine Auszeichnung. „Ich weiß nicht, wer mich vorgeschlagen hat“, erzählt Anne de Wendt: „Aber ich habe mich sehr gefreut und den Empfang sehr genossen. Wir sind mit der Limousine vorgefahren und wurden über einen roten Teppich geführt. Es war ein bisschen wie im Bilderbuch — wie bei Königs.“

Unter den 200 Gästen waren rund 70 Bürger, die sich ganz besonders um das Gemeinwohl verdient gemacht haben. So wie Anne de Wendt. Die Hildenerin (68) ist Presbyterin der evangelischen Gemeinde Hilden, Vorsitzende des Ausschusses für Diakonie und Senioren, Notfallseelsorgerin und koordiniert rund 120 Freiwillige, die Flüchtlinge in der Notunterkunft in Hilden betreuen. Organisieren hat de Wendt im Beruf gelernt. Viele Jahre leitete sie den Verkauf einer schwedischen Werkzeug-Firma. Sie kann auch Kurs halten: Sieben Jahre lang segelte sie mit ihrem Mann Manfred an den Küsten von England, Frankreich, Holland, Deutschland und Polen. 2004 gingen die beiden in Hilden vor Anker. „Eigentlich wollten wir nach Köln oder nach Düsseldorf ziehen. Dann sahen wir zufällig eine Anzeige: eine Wohnung in Hilden. Wir sahen sie uns an — und haben zugegriffen.“ So landete die Hannoveranerin in der Geburtsstadt ihrer Mutter: „Ich habe im Taufregister der Reformationskirche Einträge meiner Familie gefunden.“

Zufall würde das Anne de Wendt nicht nennen. Eher eine Fügung, deren tieferen Sinn sie noch nicht ganz versteht. So sei das auch mit ihrer Ausbildung zur Notfallseelsorgerin gewesen. Menschen in großer Not beistehen. Vor vier Jahren starb ihr Mann. Ihre Familie hat ihr in dieser schweren Zeit Kraft gegeben. Zu den drei Töchtern, Schwiegersöhnen und vier Enkelkindern ist es nicht weit. Tochter Tanja de Wendt ist eine Stuntfrau. Sie stürzte sich vor Jahren filmreif vom Düsseldorf Fernsehturm. „Ich bin fast gestorben“, gesteht ihre Mutter: „Aber es ist ja nicht zu ändern.“

Notunterkunft: Diesen Begriff findet Anne de Wendt „furchtbar“. Sie spricht lieber von „Camp“. Dort ist sie nahezu jeden Tag. Zusammen mit der städtischen Flüchtlingsbeauftragten Michaela Neisser bildet sie ein starkes Team. „Sie ist unglaublich engagiert und stets gut gelaunt“, sagt Neisser über de Wendt: „Sie ist mir regelrecht ans Herz gewachsen. Ich bin sehr froh, dass sie da ist.“ Beide Frauen sind ein Glücksfall — für die Flüchtlinge und für ihre Stadt. Sie sind zupackend, offen, haben Humor und sie können herzlich lachen. Sie sei nur eine von vielen Freiwilligen, die sich für Flüchtlinge einsetzen, sagt Anne de Wendt: „Die Einsatzbereitschaft ist ungebrochen. Toll, was alle Ehrenamtler da leisten.“

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