Eine moderne Kräuterhexe

Die Hildenerin Renate Merz gibt regelmäßig ihr Wissen über Gewürze bei Seminaren weiter.

Hilden. Egal ob Pfeffer, Muskatnuss, Kardamom oder Sternanis — Renate Merz (53) kennt sie alle. Dieses Wissen gibt die Hildener Agrarwissenschaftlerin bei Gewürzseminaren weiter. Damit will sie auch der einseitigen Verwendung der zahlreichen Kräuter beim Kochen und in der Kosmetik entgegentreten — und die ganzheitliche Betrachtung der Pflanze fördern.

„Alles begann mit einer Reise auf die Molukken, einer indonesischen Inselgruppe. Die Heimat der Muskatnuss und Gewürznelke beeindruckte mich durch die dortige Verwendung und den Anbau der Pflanze, so dass ich beschloss, mich fortan näher mit der Vielseitigkeit der Gewürze auseinanderzusetzen“, sagt Merz.

Daraus entstand die Idee, nicht nur trockene Vorträge sondern Erlebnisseminare zu veranstalten, bei denen dem Besucher die Herkunft, das Aussehen und die Möglichkeiten der Verwendung der jeweiligen Pflanze nähergebracht werden.

„Oft fehlt das Wissen über Verwendungsmöglichkeiten oder Herkunft eines Gewürzes. Die Muskatnuss beispielsweise beeindruckt nicht nur durch ihren einzigartigen Geschmack, sondern auch durch ihre Geschichtsträchtigkeit — jahrelang wurden in der Kolonialzeit blutige Kämpfe wegen dieser kleinen Nuss geführt“, sagt die Hildenerin.

Um die Vielfalt der Kräuter und Gewürze zu erleben, sei es allerdings nicht unbedingt notwendig, Deutschland zu verlassen. „Der Trend des Regionalen ist ja am Getränk des Sommers, dem Hugo, einer Sektmischung mit Holunderblütensirup, zu erkennen“, sagt Merz. So gibt es beispielsweise in Altenau einen Kräuterpark, noch näher liegt der Botanische Garten Düsseldorf. „Ich empfehle jedem, einfach mal genauer hinzusehen, dann entdeckt man zum Beispiel die Blüten des Schlafmohns“, sagt sie.

Auf die Frage, ob Europäer ihren Geschmackssinn noch ausbauen könnten, antwortet die Expertin: „Ich würde eher sagen, dass man viele Gewürze einfach nicht im üblichen Handel kaufen kann, wenn man nicht nahe einer Großstadt wie Düsseldorf wohnt.“ Die Bereitschaft zum Kosten sei zwar vorhanden, aber der Zeitaufwand, die Kräuter und Gewürze zu verarbeiten, sei vielen zu groß. Ihr Tipp: „Im Internet lassen sich viele verschiedene Mischungen bestellen — einfach mal ausprobieren lautet die Devise.“

Bei den Seminaren der Hildenerin können die Teilnehmer hinter die gewöhnlichen Kulissen der Gewürzwelt blicken. Ihren nächsten Vortrag hält sie bei der TourNatur, einer Wander- und Trekkingmesse, die vom 6. bis 8. September in Düsseldorf stattfindet: „Oft werden Wildkräuter und Gewächse übersehen. Ich möchte die Wahrnehmung der Besucher stärken und ihnen zeigen, wie sie auf ihrem Spaziergang was erkennen können.“

Gewürze können das Essen aufpeppen — diese Erfahrung machte Renate Merz bei einem ihrer Besuche in Syrien: „Man bot mir einen kleinen, arabischen Kaffee an, der mit einer starken Prise Kardamom verfeinert worden war. Als ich ihn getrunken habe, war ich kurz davor ihn wieder auszuspucken — aber nicht, weil er ungenießbar war, sondern weil dieser intensive Geschmack mich so überraschte.“ Damit andere nicht ebenso überrascht werden, vermittelt Renate Merz in ihren Seminaren einen wichtigen Grundsatz: „Die Gewürze sind vorhanden — man muss nur wissen, wie man sie nutzt.“

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