Haan Eklat im Haaner Klimastreit

Haan. · Gerd Holberg von den Stadtwerken soll den Vorsitzenden des JuPa beschimpft haben.

 Gerd Holberg, CDU-Ratsherr und Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke Haan GmbH.

Gerd Holberg, CDU-Ratsherr und Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke Haan GmbH.

Foto: cdu

Es war in einer der zahlreichen Sitzungspausen im Haaner Stadtrat, als der CDU-Politiker Gerd Holberg plötzlich energisch auf den Vorsitzenden des Jugendparlaments, Alexander Kraft, zusteuerte. Während seine Kollegen noch intensiv darum rangen, eine Formulierung zum Thema Klimanotstand zu finden, die alle politischen Fraktionen gemeinsam hätten tragen können, zog es der langjährige Ratspolitiker Holberg vor, Dampf abzulassen.

JuPa-Vorsitzender Krafft und ein paar weitere Mitstreiter, die auch für die Jugendbewegung „Fridays for Future“ in den Ratssaal gekommen waren, hatten zuvor einen eindrucksvollen Appell an die Stadtverordneten gerichtet – unter anderem mit den Worten: „Jeder, der sich der Ausrufung des Klimanotstandes heute verweigert, trägt Verantwortung dafür, wenn unserer Generation die Zukunft kaputtgemacht wird.“ Das brachte Holberg offenbar mächtig in Rage.

Alexander Kraft bezeichnete die Unterhaltung jetzt als „Zwischenfall“: „Herr Holberg hat mir gesagt, er sei schockiert gewesen von meiner Rede. Ich täte in Wahrheit überhaupt nichts für die Umwelt und sei deshalb charakterlich genauso verlogen wie Greta Thunberg.” Die schwedische Schülerin hat die Umwelt-Bewegung „Fridays for Future“ ins Leben gerufen. In diesem Jahr wurde sie unter anderem für ihr großes Engagement mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet.

Ratspolitiker Holberg, der auch den Vorsitz im Aufsichtsrat der Haaner Stadtwerke inne hat, schimpfte jedoch, die angeblich so vorbildliche junge Dame fliege selber mit dem Flugzeug, während sie gleichzeitig der Bevölkerung den Verzicht nahe lege. Eine Kritik, die der Schüler Kraft nicht nachvollziehen kann – zumal Greta Thunberg erst unlängst zum Klimagipfel in Davos eine 65-stündige Anreise mit dem Zug auf sich genommen habe, um nicht fliegen zu müssen. Er fühlt sich von Holberg ungerecht behandelt und angegriffen.

Der räumte seine „klaren Worte“, wie er es nennt, auf Anfrage ein, bestreitet aber, die Bezeichnung „verlogen“ benutzt zu haben. „Ich wollte dem jungen Mann lediglich deutlich machen, dass er mit solch einer Rede die Menschen eher vor den Kopf stößt, als sie für sein Ziel zu gewinnen.“ Auch seine Kritik an der Aktivistin Thunberg nehme er nicht zurück.

Mehr als 12 000 Wissenschaftler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz unterstützen inzwischen in einer gemeinsamen Stellungnahme die Klimabewegung „Fridays for Future“.Auf der Liste mit unterstützenden Forschern und prominenten Experten stehen als Erstunterzeichner der Arzt und TV-Moderator Eckard von Hirschhausen, der Meteorologe Sven Plöger, Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar sowie Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für
Klimafolgenforschung.

„Ärzte haben die Aufgabe, Leben zu schützen und auf Gesundheitsgefahren hinzuweisen. Die Klimakrise ist die größte Gesundheitsgefahr“, warnte von Hirschhausen in Berlin. Schüler und Studenten in Deutschland und aller Welt demonstrieren mittlerweile jeden Freitag während der Unterrichtszeit unter dem Motto „Fridays for Future“ für den Klimaschutz. Die Solidaritätsbekundungen der prominenten Fachleute tue ihnen gut, ließen sie am Rande der Übergabe verlauten.

Immerhin: Auch Alexander Kraft hat nicht nur Kritik und Beschimpfung als Reaktion bekommen. Am Tag nach der Sitzung des Stadtrates rief Bürgermeisterin Bettina Warnecke bei ihm an: „Sie hat mir mehr oder weniger zu meiner Rede gratuliert“, berichtet der Schüler, „zugleich aber auch betont, ich solle nicht enttäuscht sein.“

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