Haan Caritas warnt vor den Folgen der Vergabe

Haan. · Thomas Rasch kritisiert Haaner Entscheidung zugunsten von European Homecare bei der Flüchtlingsbetreuung.

 Thomas Rasch ist Bereichsleiter bei der Caritas.

Thomas Rasch ist Bereichsleiter bei der Caritas.

Foto: caritas

Weit mehr als ein Jahrzehnt hat die Caritas in Haan Flüchtlingsbetreuung organisiert, seit vielen Jahren dafür gesorgt, dass Wohnungslose durch Betreuungsmanagement in eigene Wohnungen zogen – stets mit großem Lob von der Stadt versehen. Künftig wird diese Arbeit das Privatunternehmen European Homecare übernehmen. Caritas-Bereichsleiter Thomas Rasch spricht über die unmittelbaren Folgen für die Arbeit mit Flüchtlingen und Wohnungslosen in Haan.

Vor vier Wochen hat die Stadt die Aufgabe der Flüchtlingsbetreuung an ­European Homecare vergeben. Spüren Sie schon Auswirkungen?

Thomas Rasch: Auf jeden Fall. Unsere Kollegen des Sozial- und Integrationsmanagements sind zutiefst enttäuscht über die Entscheidung der Stadtverwaltung. Sie empfinden allein die Begründung einiger städtischer Verantwortlicher für das gewählte Ausschreibungsverfahren als Ohrfeige! Man glaubt im Rathaus offenbar, man könne die städtische Steuerung durch verbindliche Vertragssetzung verbessern und negiert dabei vollständig die in vielen Jahren aufgebaute vertrauliche Zusammenarbeit aller Beteiligten, einschließlich unserer Vermittlerfunktion zu den ehrenamtlichen Helfern.

Was haben Sie denn über die reine Vertragserfüllung hinaus geleistet?

Rasch: Zum Wohl der Hilfesuchenden haben alle Mitarbeiter immer von sich aus Sorge getragen, dass die Arbeit im Einvernehmen mit der damaligen Dezernentin sowie dem vormaligen Sozialamtsleiter geleistet wurde. Außerdem haben auch die Caritas-Mitarbeiter in der Flüchtlings-Krise 2014/15 keinen Dienst nach Vorschrift gemacht, sondern haben sich über die Maßen eingesetzt. Nur mit dieser Grundhaltung waren auch die alljährlich erzielten hervorragenden Ergebnisse zu vollbringen. Das war meines Erachtens stets weit mehr als gefordert.

Was geschieht jetzt mit Ihren Mitarbeitern?

Rasch: Eine Kollegin hat von sich aus gekündigt – übrigens ausdrücklich mit der Begründung, sie werde nicht zusehen, wie ihre Erfolge ausgerechnet von European Homecare zerstört werden. Fünf weitere sollen und wollen einvernehmlich an anderen Orten im Kreis Mettmann eingesetzt werden. Sie profitieren vom derzeit massiv angestrengten Arbeitsmarkt, der kaum noch freie qualifizierte Mitarbeiter hervorbringt. Entsprechend gibt es auch unbesetzte Arbeitsplätze bei der Caritas. Wir müssen also keine sozialarbeiterischen Fachkräfte entlassen, zerschlagen jedoch ein besonders gut kooperierendes Team und sehen aktuell keine Stellung für unsere sehr zuverlässige Verwaltungskraft aus diesem Bereich.

In der Sondersitzung des Sozial-und Integrationsausschusses war der Ratssaal fast überfüllt, vor allem wegen der erschienenen ehrenamtlichen Mitarbeiter der Flüchtlingsbetreuung. Was geschieht jetzt mit ihnen?

Rasch: Auch „unsere“ Ehrenamtlichen werden damit klar kommen müssen, dass die Koordination ihrer Einsätze andernorts geführt werden wird, sofern sie das möchten. Als kirchlicher Dienstgeber werden wir in geringem Umfang weiterhin die Zusammenarbeit insbesondere mit der Pfarrgemeinde Sankt Chrysanthus und Daria und deren Flüchtlingshelfernetzwerk pflegen. Über Mittel des Erzbistums aus der „Aktion neue Nachbarn“wird dies möglich sein. Zudem wird bislang die vom Caritasverband betriebene Lern- und Spielstube weiter betrieben. Die vom Kreis und vom Land finanzierte Fachberatungsstelle für von Wohnungslosigkeit bedrohte Mitbürger bleibt auch für Haan zuständig und wird ab Januar kommenden Jahres stundenweise in der Breidenhofer Straße besetzt.

Soweit die gute Nachricht, und die schlechte?

Rasch: Nur ein Beispiel: Haan hat auch immer von der Kooperation innerhalb des Gesamtteams Fachdienst Integration und Migration und dem gesamten Caritasverband profitiert. Da geht es um diverse Aktivitäten von „Vielfalt.vielwert“ beim Haaner Sommer, während des Weihnachtsmarkts oder der Veranstaltung „Internationaler Garten“ und vieles mehr. Hinzu kommt die Fortbildung und ehrenamtliche Förderung von Flüchtlingen im Projekt „Chance Plus“.

All das fällt künftig weg?

Rasch: Nicht nur das: Die Stadt hat die Büchse der Pandora geöffnet – wir werden erst in einigen Monaten wissen, wie enorm der Schaden tatsächlich ausfällt.

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