Bei vielen reicht die Rente im Alter nicht

635 Hildener erhielten in 2016 die Grundsicherung — eine Zahl, die relativ konstant ist.

Bei vielen reicht die Rente im Alter nicht
Foto: NGG

Hilden. 5705 Bürger im Kreis Mettmann (knapp 500 000 Einwohner) erhalten Grundsicherung. Davon sind 3792 bereits älter als 65 Jahre. 1913 erhalten eine Erwerbsminderungsrente, die nicht zum Leben reicht. In Hilden erhielten im vergangenen Jahr 195 Bürger unter 65 Jahre Grundsicherung und 440, die 65 und älter waren. Zusammen rund 3,5 Millionen Euro. „Die Zahl der Leistungsberechtigten ist gegenüber den Vorjahren nahezu unverändert“, sagt Andrea Niodaschweski, stellvertretende Leiterin des Sozialamtes: „Etwa 55 Prozent der Empfänger von Grundsicherung sind Frauen, die in der Familie die Kinder erzogen oder als Hausfrauen nur kurze Zeit gearbeitet haben. Andere haben durch gering bezahlte Jobs zu wenig in die Rentenkasse eingezahlt.“

Im Kreis hat sich die Zahl der Menschen im Rentenalter, die auf staatliche Grundsicherung angewiesen sind, seit 2003 mehr als verdoppelt. Wie sind dann die konstanten Hildener Zahlen zu erklären? „Auch wir stellen eine gewisse Zunahme von Leistungsempfängern fest“, erläutert Niodaschweski. Die unterschiedlichen Hilfen (Sozialhilfe, Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter) würden jedoch aus verschiedenen „Töpfen“ finanziert. „Wenn ein Klient ins Heim geht, zahlt der Kreis. Wenn er wieder arbeiten kann, das Jobcenter. Wenn er eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht, die Deutsche Rentenversicherung. Wenn er Wohngeld bekommt, Land und Bund.“ Lars Schäfer vom Paritätischen Wohlfahrtsverband NRW hat noch eine andere Erklärung: „Zwei Drittel der älteren Menschen, die einen Anspruch auf finanzielle Aufstockungen haben, setzen diesen nicht durch. Oft, weil sie von diesen Leistungen nichts wissen.“ Oder sich schämen, sie in Anspruch zu nehmen.

Zum 1. Januar ist die „Erste Verordnung zur Änderung der Unbilligkeitsverordnung“ in Kraft getreten. Auch das wirft ein Schlaglicht auf die Situation. Ältere Arbeitslose können jetzt nicht mehr vom Jobcenter gezwungen werden, vorzeitig in Rente zu gehen, wenn die damit verbundenen Abschläge dazu führen würden, dass sie dann auch noch Sozialhilfe beantragen müssten. Dass dieser Praxis jetzt ein Riegel vorgeschoben wurde, lässt darauf schließen, dass Jobcenter dies in der Vergangenheit genutzt haben, um sich zu entlasten. „Bei der Zwangsverrentung greift die von den Kommunen finanzierte Hilfe zum Lebensunterhalt“, bestätigt die stellvertretende Leiterin des Hildener Sozialamts. 181 Hildener haben im vergangenen Jahr 1,41 Millionen Euro Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten. Dafür ist der Kreis zuständig, der sich das Geld freilich über die Kreisumlage von den zehn angehörigen Kommunen beschafft.

Bei Sozialhilfe-Empfängern wird deren Vermögen angerechnet. Zum 1. April ist die Freigrenze für Singles von 2600 auf 5000 Euro und für Paare von 3100 auf 10 000 Euro angehoben worden. Das könnte dazu führen, dass die Aufwendungen für die Kommunen künftig deutlich steigen.

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