Flüchtlinge: Der schwere Weg zum Job

Die Arbeitsagentur richtet ein Zentrum extra für Asylbewerber ein. Die Herausforderung: 90 Prozent kommen ohne Qualifikation.

Flüchtlinge: Der schwere Weg zum Job
Foto: Dietrich Janicki

Kreis Mettmann. Nicht selten muss Marion Taha die Menschen, die vor ihr sitzen, bremsen. Viele Flüchtlinge wollen so schnell wie möglich arbeiten, um Geld zu verdienen für die Familie daheim oder um die Schulden bei der Schlepperbande abzubezahlen, die sie hergebracht hat. Aber Taha weiß: „Ohne Sprache geht es nicht.“ Und oft sind die beruflichen Qualifikationen aus der Heimat hier nichts wert.

Auf dem beschwerlichen Weg zur Arbeitsstelle unterstützt die Flüchtlinge im Kreis Mettmann seit Mitte Dezember der neue „Integration Point“. Dabei handelt es sich um eine Art Eingangstor zur Arbeitswelt für Asylbewerber. Kurze Wege, viele Synergien — in der Anlaufstelle an der Ötzbachstraße in Mettmann sind Bundesagentur für Arbeit, Jobcenter und Kreis Mettmann auf die Bedürfnisse der Flüchtlinge spezialisiert. Das Team von 20 ausgewählten Mitarbeitern spricht mehr als zehn Sprachen, darunter syrisch, arabisch und französisch.

Marion Taha ist zusammen mit Michael Wortmann für das Projekt verantwortlich. Sie berichtet: „Viele Flüchtlinge sind durch ihre Erfahrungen in den Heimatländern verängstigt, was den Kontakt mit Behörden angeht.“ Die Ansprache in der Heimatsprache soll eine Hemmschwelle nehmen. Marcus Kowalczyk, Vorsitzender der Agentur für Arbeit im Kreis, formuliert es so: „Die Menschen sollen uns nicht so sehr mit einer Behörde in Verbindung bringen.“ Der „Integration Point“ sei einfach ein Ort, an dem geholfen wird.

Das funktioniert über zwei Hauptschienen: In der Beratung sprechen Mitarbeiter mit Flüchtlingen über ihre Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt und bieten ihnen Sprach- und Berufsqualifikationen an. Im Bereich des Jobcenters geht es darum, den Menschen ohne Einkommen zunächst ihre Existenzgrundlage in Form von Hartz-IV zu sichern. 600 Flüchtlinge hat das Jobcenter derzeit im Leistungsbezug.

Oft führt der Weg auch mittelfristig nicht an der Hilfe vom Staat vorbei. Martina Würker, Geschäftsführerin des Jobcenters im Kreis, weiß: „Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung lassen sich 50 Prozent der Flüchtlinge im Schnitt nach fünf Jahren auf dem ersten Arbeitsmarkt vermitteln.“

Die Voraussetzungen dafür schafft jetzt der „Integration Point“, aus eigener Kraft haben viele Vertriebene kaum eine Chance. Würker berichtet: „Man kann davon ausgehen, dass 90 Prozent der Asylbewerber keine in Deutschland anerkannte Qualifikation haben.“ Die Berater an der Ötzbachstraße arbeiten aber daran, dass in einigen Fällen Berufs- und Bildungsabschlüsse doch in Deutschland akzeptiert werden. Derzeit versuche man beispielsweise, einem syrischen Arzt zu helfen.

In vielen Fällen starten die Migranten jedoch bei Null. „Es kommen hier Leute an, die auch im eigenen Land nicht alphabetisiert wurden und nur ein bis zwei Jahre in der Schule waren“, berichtet Marion Taha.

In ganz vielen Fällen ist die erste Maßnahme ein Einstiegskurs in die deutsche Sprache — und nicht wie von vielen Asylbewerbern gewünscht, direkt ein Praktikum im Betrieb. Derzeit lernen 1070 Menschen im Kreis in einem dieser Sprachkurse. Doch es sind zum jetzigen Zeitpunkt verhältnismäßig wenige Flüchtlinge im „Integration Point“ angekommen. Jobcenter-Chefin Würker sagt: „Noch sind genug Kurse da, aber in Zukunft könnte es Engpässe geben.“

Im besten Fall geraten die Flüchtlinge an einen kulanten Arbeitgeber und können neben ihrem Praktikum weiterhin den sechsmonatigen Kurs belegen — denn: ein Angebot am Abend gibt es noch nicht.

Mit dem Integration Point ist der Kreis Mettmann vorne mit dabei. Düsseldorf und Dortmund waren zwei der ersten Städte, die extra ein Flüchtlingszentrum eingerichtet haben. Die Strukturen sind noch flexibel und sollen jederzeit an die neuen Gegebenheiten angepasst werden. Kreisdirektort Martin M. Richter sagt: „Am Ende muss der Wurm dem Fisch schmecken.“

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