Weiterverarbeitung: Baumstämme zum Verbrennen zu schade

Fuhrhalter Elmar Stertenbrink lässt Baumstämme weiterverarbeiten, um das Holz besser nutzen zu können.

Erkrath. Der Krach ist ohrenbetäubend, eine Unterhaltung kaum möglich. Eine Eiche, die gerade noch Teil eines Baumstapels war. liegt jetzt horizontal auf dem mobilen Sägegatter — eine Art länglicher Anhänger — von Jörg Middel. Sie wird von zwei Holzarbeitern zurechtgerückt, dann fährt eine Säge wie Butter durch das Holz.

Während Middel an einem Steuerpult die Säge kontrolliert, fliegen Holzspäne auf den Boden und in die Augen. Augenblicklich riecht es scharf nach Essig. „Die Rinde der Eiche enthält Säuren, deshalb wurde sie früher zum Gerben benutzt“, sagt Elmar Stertenbrink.

Einmal im Jahr lässt der Besitzer der Fuhrhalterei Stertenbrink seinen Freund Jörg Middel auf den Goeddinghof in Alt-Erkrath kommen, um sein Holz zu schneiden. Der ist inzwischen fertig mit der Eiche — mit vier Schnitten ist ein Balken von fünf Meter Länge entstanden. Eigentlich könnte Stertenbrink die Eiche auch zu Brennholz verarbeiten — sein Kerngeschäft.

Geht es aber nach seinem Wunsch, wird dieser Balken vielleicht erst einmal 100 Jahre Teil eines Hauses sein. Nach dem Abriss des Hauses könnte ein Tischler den Balken herausnehmen und Möbel daraus bauen. Wenn die Möbel auf dem Sperrmüll landen, wird aus ihnen eine Zeitung oder Dämmmaterial. Kaskadennutzung nennt Stertenbrink diesen Kreislauf: „Uns geht es darum, dass das Holz zu schade ist zum Verbrennen.“

12 000 Festmeter Holz — ein Festmeter entspricht einem Kubikmeter fester Holzmasse — sägt sein Unternehmen jedes Jahr, allerdings nicht mit Holzerntern, sondern mit Kaltblutpferden. Im ganzen Rheinland bis ins Ruhrgebiet hinein ist er mit den Tieren unterwegs, um Holz zu rücken. Die abgesägten Bäume werden entastet und mit den Pferden schonend aus dem Wald gezogen.

Rund 600 Festmeter lagert Stertenbrink auf seinem Hof und verarbeitet es zu Brennholz. Die besten Stämme wie Eiche, Buche oder Robinie — rund 22 Festmeter — lässt er von Middel an zwei Tagen zu Brettern und Balken verarbeiten. „Wir nehmen einzelne Bäume raus, die wir veredeln. Holz hat so viele Verwendungsmöglichkeiten“, sagt Stertenbrink.

In der Scheune lagern Birkenbretter. „Daraus macht mir ein Sattler Teile für das Geschirr der Pferde.“ Birke ist leicht und reißt nicht ein. Aus der Kirsche wird Furnierholz, die Linde eignet sich bestens für Schnitzarbeiten. „Das Wertschöpfungspotential bei der Weiterverarbeitung ist doppelt so hoch wie bei der Brennholzproduktion.“

Weiterer Vorteil: Durch die Kaskadennutzung, bei der das Holz nicht einfach nur verbrannt wird, geht weniger CO2 in die Atmosphäre — Klimaschutz im Kleinen. Nachhaltigkeit ist ein Thema, das Stertenbrink beschäftigt: „Mit Holz kann ich vieles machen, und es ist im Gegensatz zu Kunststoff umweltfreundlich.“ Währenddessen liegt bereits der nächste Stamm auf Middels Säge. Und vielleicht schon bald im Dachstuhl eines Hauses.

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