Schocktherapie für Hochdahler Schüler

Polizisten, Retter und Opfer wollen Schüler mit Geschichten und Bildern tragischer Unfälle sensibilisieren.

Hochdahl. Die anfänglichen Lacher sind verstummt, die Blicke der Schüler der Gymnasien Hochdahl und am Neandertal sind nach vorn gerichtet, es ist still. Notärztin Dr. Astrid Gesang berichtet von einem Einsatz, an den sie allein wegen eines roten Grablichtes, das immer noch an der Autobahn steht, immer wieder erinnert wird. „Es war im Herbst 2005, und es war ein echtes Sauwetter da draußen“, beginnt sie ihren Vortrag. Ihr Einsatzort: die A46.

Trümmerteile eines roten Ford Fiestas säumten die Unfallstelle, der Schrei der Autofahrerin war von weitem zu hören. „Ihr linker Unterschenkel war unter dem Kupplungspedal eingeklemmt“, erinnert sich Gesang. Die Beifahrerin war bewusstlos. Während die beiden jungen Frauen aus dem Wagen geschnitten wurden, fanden Einsatzkräfte einen regungslosen Körper — er war aus dem Wagen geschleudert worden. „Der Junge hatte keinen Puls mehr.“

„Realität erfahren. Echt hart“, heißt der Untertitel der Veranstaltung „Crash Kurs“, mit der sich die Polizei kreisweit an Schüler ab 17 Jahren richtet. Polizisten, Rettungssanitäter, Notärzte, Seelsorger und Unfallopfer berichten von ihren Erfahrungen an Unfallstellen und zeigen Bilder von ihren Einsätzen — von den Verletzungen der Opfer und von in Fetzen gerissenen Fahrzeugen. Die Teilnahme ist freiwillig. „Wir kommen nicht mit dem erhobenen Zeigefinger“, sagt Polizeibeamtin Ilka Steffens. „Wir wollen euch nicht den Spaß am Autofahren nehmen. Aber denkt daran, dass ihr Einfluss darauf habt, ob ihr auf der Sonnen- oder der Schattenseite des Lebens steht.“

Die Berichte zeigen, wie schnell aus einer „coolen rasanten Fahrt“ unter Alkohol- und Drogeneinfluss eine Tragödie werden kann und wie Angehörige unter dem Todesfall leiden. „Als ich dem Vater mitteilen musste, dass sein Sohn bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam, brach er zusammen und schlug mit dem Kopf immer wieder gegen die Tischplatte“, berichtet Notfallseelsorger Michael Pulger. „Den Schrei der Mutter werde ich nie vergessen.“

Immer wieder verlassen kleinere Gruppen von Schülern sichtlich betroffen die Aula. Ein Junge muss hinausgetragen werden, sein Kreislauf ist zusammengebrochen. Wenig später geht es ihm wieder besser. „So krass habe ich es mir nicht vorgestellt“, sagt Mitschüler Paul (17) im Anschluss. Einige Schüler hätten eine besondere Nähe zum Thema gehabt — der Bruder eines Schülers ist bei einem Unfall ums Leben gekommen. „Das macht uns alle betroffen“, sagt Celine (16).

Dennoch gebe es immer noch Bekannte, die nach ein paar Gläsern Bier ins Auto steigen. „Das sind Einzelfälle. Aber ich werde künftig auf jeden Fall darauf achten und sie davon abhalten“, sagt Celine. Bei Jamila (17) bleibt ein mulmiges Gefühl zurück. „Ein Freund von mir fährt ziemlich rasant. Ich dachte immer, das ist schon okay, weil er ja gut fahren kann. Jetzt werde ich ihn aber bitten, so zu fahren, dass ich mich daneben wohl fühle.“

Für Dieter Smolka, Leiter des Gymnasiums Hochdahl, war der Vortrag ein Erfolg. „Wenn die Schüler dadurch vorsichtiger fahren und Verantwortung für sich und andere im Verkehr übernehmen, dann ist das Ziel erreicht.“

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