Erkrath Leuchtturmprojekt hängt in der Schwebe

Erkrath. · In der alten Realschule sollten günstige, seniorengerechte Wohnungen entstehen – in fünf Jahren, wenn die Grundschule ihren Neubau bezieht. Doch nun hat die Stadt Eigenbedarf angemeldet.

 Die Genossenschaft mit (v.li.) Karl-Heinz Spieker, Peter Kießler und Wolfgang Teiwes an der Spitze braucht Rechtssicherheit.

Die Genossenschaft mit (v.li.) Karl-Heinz Spieker, Peter Kießler und Wolfgang Teiwes an der Spitze braucht Rechtssicherheit.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Wie überall im Land werden auch in Erkrath die Menschen im Schnitt immer älter und es fehlt an seniorengerechten, bezahlbaren Wohnungen und neuen Wohnformen, die der Vereinsamung im Alter entgegenwirken. Aus diesem Mangel heraus hatte sich in Erkrath schon vor Jahren eine bürgerschaftliche Initiative gegründet, die Baugruppe Dependance Erkrath um den Architekten Wolfgang Teiwes.

Ihr Ziel: Eine Genossenschaft gründen und die alte Realschule Schmiedestraße in eine nicht gewinnorientierte, moderne Seniorenwohnanlage verwandeln, erschwinglich auch für Ältere mit kleinem Budget. Ein für Generationen angelegtes Leuchtturmprojekt soll es werden, mit 16 unterschiedlich großen Wohneinheiten und einem Gemeinschaftsraum.

Zur Hälfte ist geförderter Wohntraum geplant, beziehbar mit Wohnberechtigungsschein – und das nach nur einem Jahr Umbauzeit, denn das Schulgebäue soll, das ist die besondere Note des ressourcenschonend geplanten Projekts, nicht etwa abgerissen, sondern bis auf Decken, Böden, Betonstützen und Treppenhaus entkernt und in Modulbauweise (Rohbau und Keller sind ja bereits vorhanden) zu energieeffizienten, barrierefreien Wohneinheiten umgestaltet werden.

Damit die durchweg älteren Schmiedestraßen-Bewohner, die dafür teils Eigenheime für junge Familien freimachen, so lange wie möglich selbstbestimmt leben können, ist im Erdgeschoss ein Raum für einen Pflegedienst vorgesehen. Auch über ein Carsharing-Modell wird nachgedacht. Aber die Pläne für den ambitionierten Umbau im Altbau liegen derzeit auf Eis.

Das liegt zum einen daran, dass gerade erst die nach dem Großbrand im Juni obdachlos gewordene Grundschule Sandheide an die Schmiedestraße gezogen ist. Bis zu ihrem Neubau am alten Standort wird sie dort für etwa fünf Jahre bleiben. Zum anderen hat der für Schule zuständige städtische Beigeordnete Ulrich Schwab-Bachmann zwischenzeitlich Begehrlichkeiten angemeldet, die der im Stadtentwicklungskonzept festgeschriebenen Ausweisung des Standorts für Wohnbebauung allerdings zuwiderlaufen: Weil es nach einer (von der Brandversicherung finanzierten) haustechnischen Auffrischung des Gebäudes derzeit gut läuft mit dem neuerlichen Schulbetrieb, möchte er die ertüchtigte ehemalige Realschule Schmiedestraße auch nach dem Auszug der Grundschule als Ausweichquartier für einzelne Schulklassen, Musik- und Volkshochschule vorhalten und sie nicht jetzt schon der Genossenschaftsbaugruppe zusichern. Die hat jedoch, auf die Entscheidung der Politik vertrauend, bereits alle geplanten Wohnungen vergeben, den technischen Apparat in Bewegung gesetzt und dafür Geld ausgegeben.

Geschlagen gibt sich die Gruppe, deren jüngste Mitglieder knapp unter 60 und die ältesten bereits Anfang 80 sind – für sie ist die Wohnungsfrage bereits akut – aber nicht. Denn erstens existiert ein von SPD, Grünen und Bmu erreichter Ratsbeschluss, der vorsieht, der Baugruppe das Teilstück Schmiedestraße, auf dem das Realschulgebäude steht, „dringlich gesichert zur Verfügung zu stellen“, sprich es an sie zu verkaufen. Ein Beschluss, der bereits im März 2017 gefasst wurde.

Vor der Zwischennutzung habe es eine mündliche Zusage gegeben

Und zweitens habe es nach der Nachricht vom vorübergehenden Einzug der Grundschule vom Bürgermeister zumindest eine mündliche Zusage an die Gruppe gegeben, dass sie nach der auf fünf Jahre angelegten Zwischennutzung wie geplant weitermachen könne. Der Weg wäre dann frei, weil die ehemaligen Realschulbewohner Tafel und IKZ bereits neue Quartiere haben. Weiterhin ohne festen Vertrag vertrösten lassen will sich die Baugruppe allerdings nicht. „Es ist wirklich nicht zumutbar, noch weitere fünf Jahre in der Luft zu hängen. Wir brauchen jetzt Rechtssicherheit“, sagt Wolfgang Teiwes, der mit Karl-Heinz Spieker und Peter Kießler den Vorstand der Genossenschaft bildet. Sie will jetzt einen Vorschlag für die vertraglichen Vereinbarungen zwischen ihr und der Stadt ausarbeiten. Und ihr Ideal vom selbstbestimmten Älterwerden in einer Gemeinschaft für sich und nachfolgende Senioren­generationen verwirklichen.

Dafür kann sie auch mit der Unterstützung der Politik rechnen. So lehnen die Grünen eine Infragestellung des für innovativ, sozial und klimafreundlich befundenen Projekts nach Beendigung der Zwischenlösung für die Grundschule „entschieden ab“, wie Fraktionsvorsitzender Reinhard Knitsch unterstreicht. Detlef Ehlert von der SPD-Ratsfraktion gibt mit Blick auf den von der Stadt angemeldeten Eigenbedarf zu bedenken, dass die energetischen Bedingungen für einen dauerhaften Schulbetrieb oder eine andere Unterbringung für Kinder nicht gewährleistet seien und sehr aufwändig nachgerüstet werden müssten. „Wir bleiben bei dem Beschluss, das Gebäude der Bürgerinitiative zur Verfügung zu stellen“, sagt Ehlert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort