Entsetzen über das grausame Martyrium des kleinen Daniel

Am Freitag hat der Prozess gegen die Mutter und ihren Ex-Freund begonnen. Ihnen wird vorgeworfen, den Zweijährigen zu Tode gequält zu haben.

Erkrath / Wuppertal. „Was kann ein Kinderkörper ertragen? Wann ist Schluss?“ Der Rechtsmediziner, der diese Fragen am Freitagvormittag vor dem Wuppertaler Landgericht stellt, ist einiges gewöhnt. Doch was der Körper des gerade zwei Jahre alten Daniel G. aus Erkrath an Verletzungen aufwies, als er ihn im Mai vergangenen Jahres obduziert hat, ist auch für ihn unfassbar.

Kaum eine Stelle von Daniels Körper war unversehrt: Die Brustwarzen seien fast abgerissen gewesen. An den Genitalien hätten sich massive Einblutungen gefunden. Der Rücken wies großflächige Verbrennungen zweiten Grades auf, am Kopf klaffte eine offene Wunde. Dazu kamen schwere innere Verletzungen. „In der Gesamtheit der Verletzungen hätte das unterernährte Kind dies etwa eine Stunde überleben können“, sagte der Gutachter am Freitag zum Prozessauftakt.

Laut Staatsanwaltschaft soll der damalige 23-jährige Lebensgefährte von Daniels Mutter dem Zweijährigen diese Verletzungen zugefügt haben. Er muss sich wegen Körperverletzung mit Todesfolge verantworten. Daniels Mutter steht vor Gericht, weil sie das brutale Treiben toleriert haben soll.

Zum Prozessauftakt wies der 23-Jährige — er sitzt seit Mai 2010 in U-Haft — die Vorwürfe von sich. „Ich habe Daniel nicht verletzt, nicht geschlagen“, beteuerte er. „Der liebe Gott weiß das.“ Der Angeklagte mit den kurzen Haaren und dem fast noch kindlichen Gesicht wirkt angestrengt höflich, wenn er die Fragen des Gerichts beantwortet.

Er kann genaue Uhrzeiten nennen, gibt sich als fürsorglicher Partner und schildert die angebliche Gewalt in der Familie seiner damaligen Freundin als „Horror“. So hätten die größeren Töchter (10, 12) die kleinen Geschwister (ein achtjähriges Mädchen und Daniel) geschlagen, manchmal sogar mit einem Gürtel. Auch seine Freundin habe die Kinder immer wieder geschlagen.

Von Emotionen ist bei dem 23-Jährigen währenddessen nichts zu spüren. Mehrfach fordert ein psychiatrischer Gutachter ihn auf, seine Gefühle für den kleinen Daniel zu schildern. Immerhin habe er angegeben, das Kind geliebt zu haben, und er habe die Misshandlungen gesehen. Dazu fällt dem 23-Jährigen nichts ein. Er habe geschwiegen — „schließlich sind es ihre Kinder gewesen, und ich habe keinen Streit gewollt“.

Genau vor ihm sitzt Daniels Mutter — den Kopf gesenkt, zusammengekauert. „Ich habe schwere Schuld auf mich geladen“, lässt sie von ihrem Anwalt verlesen. Sie selbst habe Daniel zwar kein Haar gekrümmt — aber: „Ich hätte ihn schützen müssen.“ Das habe sie versäumt, weil sie in ihren damals neuen Freund zu verliebt gewesen sei.

Das Paar hatte sich im Internet kennen gelernt. Am 13. März 2010 trafen sich die beiden zum ersten Mal. Bereits zwei Tage später sei der junge Mann bei ihr eingezogen. Ihre vier Kinder seien damit überfordert gewesen, räumte die Frau ein.

Immer wieder bricht die 31-Jährige im Gerichtssaal in Tränen aus. Einmal habe sie an Daniel blaue Flecken entdeckt, ihr Freund habe gestanden, dass ihm die Hand ausgerutscht sei. Er habe Besserung versprochen. „Da hätte ich ihn wegschicken müssen“, sagt sie. Sie tat es nicht.

Die schweren Verbrennungen auf Daniels Rücken seien ein großer Schock gewesen. Diese habe sie sich nicht erklären können. Dass jemand ihrem Kind das bewusst antue, habe sie sich einfach nicht vorstellen können. Bewusst sei sie mit dem Jungen nicht zum Arzt gegangen — aus Angst, das Jugendamt nehme ihr das Kind weg, erzählt die Frau. Anders als der 23-Jährige sitzt sie derzeit nicht in Haft.

Den beiden drohen drei bis 15 Jahre Haft. Für das Verfahren sind zunächst vier weitere Verhandlungstage bis Ende Februar angesetzt.

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