450 Mark für große Literatur
Um den Hang der Bevölkerung zu „Schundwerken“ zu stoppen, öffnete bereits 1912 die erste Gemeindebücherei.
Erkrath. Vorausgegangen waren etliche Gespräche und ein umfangreicher Schriftwechsel. Doch dann, am 4. Februar 1912, war es endlich so weit: In Erkrath öffnete die erste Gemeindebücherei ihre Pforten. Untergebracht war die Bibliothek im Unterbacher Vereinshaus der katholischen Kirchengemeinde, geleitet wurde sie vom dortigen Pfarrer Beyhoff. Er war es auch, der die Angelegenheit zuvor in die eigenen Hände genommen hatte. Denn bevor die 350 Bücher in den Regalen standen und ausgeliehen werden konnten, gab es so einiges zu klären und zu regeln.
Da wäre als erstes die Örtlichkeit. Eine Volksbibliothek im katholischen Vereinshaus? Das wurde durch Staatsbeihilfen nur unterstützt, wenn Jedermann dort Zutritt hatte. Deshalb wandte sich der Vorsitzende des Kreisausschusses an den hiesigen Bürgermeister, um in Erfahrung zu bringen, „ob die Bibliothek auch Nichtkatholiken zur Benutzung dienen soll und wie viele Einwohner der letzteren Art hier überhaupt in Frage kommen“.
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Natürlich könne jeder kommen, aber die meisten Einwohner in Unterbach seien ohnehin katholisch, ließ der Bürgermeister wissen. „Bei dem moralischen Tiefstand der Bevölkerung von Unterbach entspricht die Errichtung der Bibliothek einem dringenden Bedürfnis“, schreibt er weiter. Man möge ihm den Sprachgebrauch verzeihen, der heute wohl eher für Kopfschütteln und Unverständnis sorgen würde. Überhaupt war man offenbar sehr besorgt um den Hang der Bevölkerung zu „Schundliteratur“.