Guérande am Atlantik Zwei Krefelder handeln mit Salz von einer Halbinsel

Zwei junge Männer handeln mit Salz von der bretonischen Halbinsel Guérande am Atlantik.

Krefeld. Es ist 6.30 Uhr auf der Halbinsel Guérande in der Bretagne. Zwischen dem Atlantik und dem mittelalterlichen Städtchen hat in den weltberühmten Salzgärten gerade die Ernte begonnen. Noch bis 10 Uhr wirbeln die Paludiers (Salzbauern) mit ihren Schiebern das Wasser in den nur fünf Zentimeter tiefen Becken auf, ziehen das Salz zu sich heran, um es schließlich mit Schubkarren auf die „Moulins“, die kleinen weißen Hügel, die die Landschaft bestimmen, zu schütten. „Sel Gris“ (graues Salz) oder „Sel Marin“ wird das Salz genannt, das in den Morgenstunden geerntet und von Hand gesäubert wird.

Auch der Krefelder Moritz Lübbers (33) stößt im Sommer zu den Paludiers, arbeitet in den Gärten, um einen kleinen Teil der Ernte schließlich in Deutschland zusammen mit seinem Kumpel Marcel Wendel (30) zu verkaufen. Die Geschäftsidee von Marcel Lübbers entstand eigentlich nicht in Frankreich, sondern in Mexiko. Der junge Mann hatte eine Auszeit genommen und die Welt bereist. Am Strand traf er eine Französin aus der Betragne, zu der er auch nach der Mexiko-Tour noch per Facebook Kontakt hielt.

Als Lübbers auf der Suche nach einem Sommerjob war, meldete er sich bei seiner bretonischen Bekannten, die ihm einen Job in den Salzgärten und eine Unterkunft besorgte. Von Juni bis September arbeitete Lübbers im Salz und kam buchstäblich auf den Geschmack. Im Oktober 2014 gründeten er und Marcel Wendel die Firma „Sel La Vie“.

Den Kontakt zu den freien Paludiers, die ihr Salz nicht an die Genossenschaft liefern, hatte er durch den Sommerjob. Die ersten Kunden fand er in Deutschland auf Weihnachts-, Wochen- und Wochenendmärkten, aber auch bei Nahkauf auf der Friedrich-Ebert-Straße in Krefeld.

Lübbers gerät ins Schwärmen, wenn er von den Spurenelementen und Mineralien spricht, die das Guérande-Salz auszeichnen. Das „Sel Gris“ mache sich hervorragend in Suppen und Soßen, aber auch im Nudelwasser. Es schmecke aufgrund des Mineralgehalts „sehr schön würzig“. Man brauche für einen Topf „nur einen halben Teelöffel, während man beim Tafelsalz zwei bis drei Teelöffel zugeben muss.“

Wenn Kenner über das „bretonische Gold“ sprechen, das spätestens seit Jean-Luc Bannalecs gleichnamigem Roman auch im Fernsehen zu Ehren gekommen ist, meinen sie nicht das „Sel Gris“. Ihnen geht es um das „Fleur de Sel“, dessen schneeflockenartige Kristalle eher auf als in die Speisen gegeben werden. Beim Essen wirkt es „knusprig“ - auch auf dem Frühstücksei.

Das „Fleur des Sel“ wird in der Guérande am Nachmittag zwischen 15 und 16 Uhr geerntet. Hier wirbelt der Paludier das Wasser nicht auf. „Es muss total ruhig sein“, sagt Lübbers. Dann „blüht“ das Salz in der Hitze der Sonne richtig auf, an der Oberfläche bildet sich bei einem trockenen Ostwind die „Königin des Salzes“. Das „Fleur des Sel“ wird mit einem Schieber, der „lousse à fleur“, gepflückt.

Werden pro Becken pro Tag 40 bis 100 Kilo „Gris“ gewonnen, sind es nur ein bis zehn Kilo „Fleur de Sel“. Das wird dann ein Jahr lang in einem porösen 60-Kilo-Sack gelagert, damit es Wasser verliert. Zum Ende der Trocknungszeit bleibt weniger als die Hälfte der ursprünglichen Menge übrig. Ein Teil davon wandert nach Krefeld. Das Café Liesgen traute den Jungunternehmern und streute „Fleur de Sel“ auf seine Törtchen.

Moritz Lübbers und Marcel Wendel sind derzeit dabei, eine „Fleur“-Ernte von 2013 zu verarbeiten — die 2014er ist noch nicht trocken genug. Sie füllen das orangefarbene Salz in kleine Gläschen. Orangefarben? Die beiden Krefelder verkaufen das „Fleur“ nicht nur pur, sondern auch als Kräuter- und Gewürzsalz. Gerade ist „Orangensalz“ dran. „Probieren sie das mal mit Melone und Parmaschinken, im Salat oder zur Ente — köstlich“, meint Lübbers.

Ente serviert er nicht, dafür aber Bonbons: Salz-Karamell- und Salz-Lakritz. „Die sind super“, meint Marcel Wendel. Er hatte die Idee, die französischen Plombenzieher aus Weichkaramell in festerer Form anzubieten. „Ich haben mit der Pfanne in der Küche herumexperimentiert. Freunde mussten testen.“

Richtig schlecht gewesen sei es nicht, aber auch nicht richtig gut. Die beiden Salz-Händler fanden einen kleinen Familienbetrieb bei Bremen, der ihren Qualitätsansprüchen genügt: „Die arbeiten das Salz von Hand ein. Und das schmeckt man dann. Die Kristalle sind immer noch im Bonbon zu spüren.“ Und wieder fällt das Wort, das Nicht-Salz-Kenner in diesem Zusammenhang kaum einfallen würde: „Knusprig!“

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