Zombies stürmen das Theater hintenlinks

Zur Neueröffnung der Bühne an der Ritterstraße gab es Kritik am Kulturbetrieb und skurrile bis gruselige Klänge.

Zombies stürmen das Theater hintenlinks
Foto: Dirk Jochmann

Der Raum verdunkelt sich, das Publikum wird leise. Aber die Stille währt nicht lange. Plötzlich strömen Zombies aus allen Ecken. Mit zerzausten Haaren, dunklen Augenringen und zerfetzter Kleidung laufen sie stöhnend und humpelnd durch den Saal.

So beginnt das Happening der Neueröffnung vom Theater hintenlinks. Geschrieben wurde es von Peter Gutowski, der das Theater zusammen mit seiner Frau Anuschka Gutowski nach 13 Jahren konzeptionell neu ausgerichtet hat. Die Eröffnung steht unter dem Motto „Das Theater ist tot! - Es lebe das Theater!“. Grund dafür war unter anderem „das Gefühl, dass sich viele Menschen vom Kulturbetrieb abgehängt fühlen“, erklärte Peter Gutowski bei der Planung der Neueröffnung im vergangenen Jahr.

Auf ihrer neuen Internetseite und ihren Flyern für die Neueröffnung zitieren sie Karl Talnop mit den Worten: „Unsere wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Strukturen ändern sich so schnell, dass wir die Zucht der Zombies in unseren eigenen Reihen gar nicht wirklich wahrnehmen.“ Dieses Zitat nehmen die Gutowskis in ihrer Neueröffnung vor allem im Sinne der Zombies wörtlich. Nachdem die Zombies die Besucher auf dem Hof des Theaters empfangen und schließlich ihre Runden durch den Theatersaal vollendet haben, waren sie auch wieder verschwunden.

Das Licht wird auf den weißen Vorhang mit einem großen Blutfleck auf der Bühne gerichtet. Eine Zombie-Dame streift mit ihrem Gesicht an dem Vorhang entlang und gibt leidende Geräusche von sich. Dazu hämmert ein Klavierspieler wild in seine Tasten und eine Frauenstimme singt schrille Töne. Als dieser Akt vorbei ist, klatschen die restlichen Zombies in die Hände und zeigen ihrer Begeisterung durch lautes Grölen.

Nach mehr als 15 Einlagen dieser Art hört das Publikum lateinähnliches, unverständliches Geschrei und gleichzeitig gruseliges Gelächter. Daraufhin wird mit Kunstblut groß das Wort „Kunst“ auf den weißen Vorhang geschrieben und dieser mit einem Messer zerstochen. Ein Zombie klettert durch diesen hindurch und verbeugt sich vor dem Publikum, was ein weiteres Mal großes Gegröle und Gejubel bei den zuschauenden Zombies auslöst. Sie laufen anschließend wieder auf die Vorbühne und füllen den Raum mit Ächzen, bis sie gleichzeitig umfallen und sich auf den Boden legen.

Dort bleiben sie liegen, während die Neueröffnung mit einem traurigen Lied und einer Ansprache abgeschlossen wird. In dieser geht Anuschka Gutowski wiederum auf das Zitat Talnops ein. In einer mahnenden, zombieartigen Stimme erläutert sie die Probleme der Entwicklung des Theaters.

„Die Menschen streben nicht mehr nach Erkenntnis, sondern ignorieren diese“, daher seien manche Theater übervoll von Kunst, beinhalten aber keinen Sinn. Diese Theater ließen den Besucher lieber ahnungslos als verwirrt aus einer Vorstellung gehen. Aber genau das kritisiert Gutowski: „Das Theater soll ein Ort der Fragen und des Suchens sein.“ Die Besucher sollen sich berühren lassen, aber trotzdem die Distanz zu dem Geschehen wahren und sich ein eigenes Urteil bilden. Diese Ansprache lässt darauf schließen, dass die Gutowskis versucht haben, genau das in ihrem Theater umzusetzen.

Am Ende der Veranstaltung verbeugen sich die rund 50 Zombie-Statisten und alle an dem Theaterstück beteiligten Personen auf der Bühne. Ganz zum Schluss erscheinen die Betreiber Anuschka und Peter Gutowski. In einer kurzen Danksagung erklärt Anuschka Gutowski, dass hinter dem Theater eine „ganz schwere Zeit“ liege, welche die beiden nicht ohne die Menschen, die ihnen geholfen haben, überstanden hätten.

Einen besonders großen Dank spricht sie an ihren Ehemann aus. Denn der habe ihr „immer und immer wieder deutlich gemacht, dass der alte Zopf ab muss“, so Gutowski. Damit rundete sie die Neueröffnung ab und leitet mit den Worten „Und jetzt feiern wir“ die anschließende Party ein.

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