Zoe rettet Familie aus Brandhaus

Als Flammen aus einer Wohnung an der Markstraße schlagen, reagiert eine 13-jährige Krefelderin blitzschnell. Über den Balkon befreit Zoe eine Mutter und ihr Kind.

Der Schock ist Zoe Karg nicht anzumerken, als sie wenige Stunden nach dem verheerenden Brand auf der Marktstraße vor ihrer Haustür steht. Gegen 10 Uhr am Mittwochvormittag knallte es im Nachbarhaus, als kurz darauf in Sekundenschnelle das Feuer ausbrach. Ihre Mutter Clarissa hatte gerade ihre jüngste Tochter zu einer Freundin gebracht. „Ich hab’ zuerst einen lauten Knall gehört und danach Schreie auf der Straße und aus dem Fenster“, erzählt die 13-Jährige.

Schnell griff sie zum Handy und alarmierte ihre Mutter, anschließend folgte sie den Schreien und begab sich auf die eigene Terrasse. Eine Mutter und ihr Kind hingen mit den Beinen bereits aus dem Fenster im vierten Stock heraus. Die Flammen waren zu diesem Zeitpunkt schon in der ganzen Wohnung verteilt, für die Familie war das Fenster die einzige Chance, zu entkommen. „Sie sind immer wieder mit den Füßen abgerutscht und wussten nicht wohin“, sagt Zoe, die sich kurzerhand selber über das Dach beugte und mit einem beherzten Griff zunächst dem Kind und danach auch der Mutter über die rund ein Meter große Lücke zwischen Fenster und Terrasse half.

Erst ein paar Stunden später, als sich Zoe zusammen mit ihrer Mutter noch einmal auf den Hinterhof begab, wurde ihr bewusst, was sie geleistet hat. Mit Blick auf den Abstand zwischen Fenster und Terrasse sagt sie: „Mir fällt jetzt erst auf, wie weit das weg ist.“

Zoe rettet Familie aus Brandhaus
Foto: Bischof/Strücken

Neben ihr schaut Mutter Clarissa noch immer ungläubig. Sie war gerade auf dem Rückweg von einer Freundin, als das Telefon klingelte und Tochter Zoe aufgelöst von dem Feuer erzählte. „Ich habe schon von weiter Entfernung etwas gerochen und mich gefragt, ob es hier irgendwo brennt. In dem Moment kam dann auch schon der Anruf“, sagt Clarissa Karg und anschließend zu ihrer Tochter: „Ich glaube, du hast einfach nur reagiert. Wie hast du das nur geschafft?“

Neben den von Zoe Karg geretteten Menschen mussten noch vier weitere Bewohner von der Feuerwehr vor den Flammen in Sicherheit gebracht werden. Eine Mutter mit ihrem sechsjährigen Kind war vor dem Feuer über das Dach des dreigeschossigen Gebäudes auf ein Nebendach geflüchtet. Sie wurde von den Einsatzkräften über eine tragbare Leiter in Sicherheit gebracht. Zwei Hausbewohner waren wegen der großen Hitzeentwicklung ebenfalls aus einer Gaube auf das Dach des Gebäudes geklettert und wurden mit Hilfe der Drehleiter heruntergeholt. Ein Brandopfer musste mit einer Rauchgasvergiftung in eine Spezialklinik nach Aachen geflogen werden. Die anderen Bewohner wurden in Krefelder Kliniken untersucht.

Das Feuer wurde über zwei Drehleitern sowie mehrerer Einsatzkräfte unter Atemschutz im Innenangriff gelöscht. Die beiden Wachen der Berufsfeuerwehr bekamen Unterstützung durch den Löschzug der freiwilligen Feuerwehr in Hüls. Die Kriminalpolizei hat die Ermittlung zur Brandursache bereits aufgenommen.Für Familie Karg beginnt jetzt erst einmal das Großreinemachen. Durch die Löscharbeiten der Feuerwehr stehen zwei Ebenen ihrer Wohnung unter Wasser, die Decke wurde aufgrund der hohen Rauchentwicklung löcherweise aufgebrochen. „Wir werden wohl heute alle zusammen in der Küche oder auf der Couch schlafen“, sagt Clarissa Karg und schiebt hinterher: „Wir sind aber in erster Linie erleichtert, dass uns nichts passiert ist.“ Die Feuerwehr war bis in die Mittagsstunden mit den Löscharbeiten beschäftigt und sperrte die Marktstraße von beiden Seiten. Für Passanten war sie bis nachmittags unzugänglich.

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