Interview Zwei Drittel der SWK-Strom-Kunden kommen nicht aus Krefeld

Vorstandschef Carsten Liedtke beschreibt im WZ-Gespräch, wie sich die SWK am Markt neu positionieren wollen.

Interview: Zwei Drittel der SWK-Strom-Kunden kommen nicht aus Krefeld
Foto: Oliver Berg, dpa/lnw

Krefeld. Die Energiewende ist auch für die Stadtwerke eine große Herausforderung. Als sie sich mit der Beteiligung an Erzeugungsanlagen unabhängiger von Preisschwankungen machen wollten, war noch keine Rede vom Vorrang für erneuerbare Energien oder dem Ausstieg aus der Atomkraft. Doch mit dem Ende des Jahres 2015 haben die Krefelder Stadtwerke ihren Ausstieg aus der fossilen Stromerzeugung vollzogen — und gehen von einem positiven Jahresergebnis aus. Die WZ sprach mit SWK-Vorstandschef Carsten Liedtke.

Interview: Zwei Drittel der SWK-Strom-Kunden kommen nicht aus Krefeld
Foto: Andreas Bischof

Herr Liedtke, was bedeutet für die SWK „Ausstieg“?

Carsten Liedtke: Wir hatten Beteiligungen an einem 2007 eröffneten Gaskraftwerk in Hamm und am dortigen RWE-Kohlekraftwerk. Beim Gaskraftwerk konnten wir die Vertragsbedingungen so verändern, dass es keine bestimmten Abnahmemengen mehr gibt. Die Anlage liefert nur noch bei Engpässen. Aus dem Kohleprojekt sind wir zum Ende des Jahres ausgestiegen. Die fossilen Energieträger sind politisch und gesellschaftlich nicht mehr gewünscht und ökonomisch nicht rentabel.

Ein reines Verlustgeschäft für die SWK?

Liedtke: Beim Gaskraftwerk haben wir zu Beginn noch Geld verdient, da hat sich unser Invest in Summe gerechnet. Beim Kohleprojekt sieht das anders aus. Über die Summe haben wir vertraglich Stillschweigen vereinbart.

Was bedeutet das für das Jahresergebnis 2015?

Liedtke: Wir hatten vorsorglich Rückstellungen für die erwarteten Verluste gebildet. Und an vielen Stellen hatten wir einen guten Geschäftsverlauf. Deshalb können wir in Summe auf ein positives Jahresergebnis blicken. Und es sieht auch für die nächsten zwei bis drei Jahre gut aus.

Wie wirkt sich das auf die Ausschüttung an die Stadt aus?

Liedtke: Nachdem wir über vier Jahre 100 Prozent der Gewinne an die Stadt ausgeschüttet haben, um die schwierige Haushaltssituation zu entspannen, hat der Rat nun die Quote auf 75 Prozent festgelegt. Das ist immer noch eine Erhöhung um 25 Prozent gegenüber der früher üblichen Quote. Entsprechend steht weniger Geld als Eigenkapital für die SWK zur Verfügung. Das ist eine Herausforderung, aber wir sind zuversichtlich, dass wir das hinbekommen.

Wie wollen sich die SWK nach dem Ausstieg positionieren?

Liedtke: Wir werden uns auf unser Kerngeschäft konzentrieren: Netze und Vertrieb. Beim Thema Energieerzeugung werden wir uns die Projekte ganz genau ansehen und auf kleinere Einheiten setzen wie Blockheizkraftwerke.

Wollen Sie als Netzbetreiber weiter expandieren?

Liedtke: Das war die erste Phase. Wir haben unser Netz um fast 40 Prozent erweitert, sind in Straelen und Wachtendonk sowie mit Partnern auch in Kranenburg aktiv. In Niederkrüchten und Tönisvorst waren wir leider nicht erfolgreich. In der zweiten Phase geht es jetzt um Konsolidierung. Wir wollen versuchen, sämtliche Netze, auch Kanal oder Beleuchtung, besser und günstiger zu betreiben. Dazu haben wir verschiedene Projekte angestoßen.

Wird es dadurch zu Entlassungen kommen?

Liedtke: In einzelnen Bereichen wird es einen Personalabbau geben, um effizienter zu werden. In anderen Bereichen werden wir aufstocken. Das werden wir aber nicht über Entlassungen regeln, sondern uns genau ansehen, ob und wo man freiwerdende Stellen wiederbesetzt.

In Krefeld sind sie nun auch wieder Herr der Netze?

Liedtke: Ja, ab dem 1. Januar ist das Krefelder Stromnetz nicht mehr an die Westnetz — eine RWE-Gesellschaft — verpachtet. Die haben uns seit 2007 in allen Fragen gegenüber der Bundesnetzagentur vertreten. Das operative Geschäft lag ohnehin bei uns.

Wie wirkt sich das auf den Strompreis aus?

Liedtke: Der Strompreis wird leicht steigen. Aber wir bleiben unter dem, was bei der Westnetz fällig geworden wäre.

Wie wollen Sie sich beim Stromvertrieb gegen die massive Konkurrenz behaupten?

Liedtke: Der Gesetzgeber will den Wettbewerb. Das heißt, wir haben es in Krefeld mit rund 100 Wettbewerbern zu tun. Das bedeutet, wir müssen uns vor Ort auf zurückgehende Kundenzahlen einstellen. Eine reine Verteidigungsstrategie hilft da nicht. Zumal die Konkurrenz sich die Rosinen herauspicken kann, während wir die Grundversorgung für alle Bürger leisten müssen — auch für diejenigen, die nicht zahlen können. Deshalb tun wir uns auch außerhalb von Krefeld um.

Was bedeutet das in Zahlen?

Liedtke: Wir haben rund 450 000 Stromkunden. Davon ist ein Drittel aus Krefeld, zwei Drittel sind von außerhalb. Hinzu kommen 90 000 Gaskunden. Den Löwenanteil haben wir durch die Übernahme von Lekker hinzugewonnen, sind dadurch zu einem wesentlichen Player am Energiemarkt geworden. Das ist für uns ein wichtiges Standbein. Lekker hatte 2014 ein sehr gutes Ergebnis, und 2015 wird wieder ein gutes Jahr. Aus deren Berliner Standort kommen gute Ideen für den Vertrieb und die Kundenansprache. Die werden wir zum Teil in Krefeld adaptieren können.

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