Handwerk : Wie Bäckermeister einen guten Christstollen hinbekommen
Krefeld Die Niederrheinische Bäcker-Innung bittet wieder zur traditionellen Stollenprüfung – dort erfährt man auch Geheimnisse für richtig leckeres Weihnachtsgebäck
Ein guter Christstollen muss duften, saftig und fruchtig sein. Erweist er sich als kratzig und bitter im Abgang, dann wurde er weniger dezent und einfach nur zu lange ausgebacken. Qualitätsprüfer Karl-Ernst Schmalz weiß, worauf es ankommt, damit sich der Bäcker für seinen weihnachtlichen „brotförmigen Kuchen“ mit einem „sehr gut“ schmücken kann. Er testete jetzt in der Backstube von Innungs-Obermeister Rudolf Weißert mit allen Sinnen. Brotkönigin Caroline Puppe aus Essen guckte ihm - mit Abstand - auch über die Schulter.
„Die Bäckermeister der Region lassen auf freiwilliger Basis ihre Produkte testen“, berichtet Weißert. „Sie freuen sich über eine gute Auszeichnung, wissen aber bei einer möglichen Mängelliste auch, dass sie Tipps vom Prüfer bekommen, wie sie die Fehler abstellen können.“ Was dann wirklich richtig gut sei, entscheide der Verbraucher.
In einem Butterstollen muss entsprechend viel Butter sein. Er muss danach schmecken. Mit dem Marzipanstollen ist es genauso. Die stets enthaltenen Trockenfrüchte werden am Vorabend in Rum eingelegt, der sich beim Backen verflüchtigt. „Sonst könnte ich nach der Prüfung nicht mehr Auto fahren“, sagt der Prüfer mit einem Schmunzeln. Ein „normaler“ Stollen dufte nach Rum und Vanille.
Beim besonderen Altbierstollen, den Weißert anbietet, wird schäumendes Bier über die Trockenfrüchte gegeben, damit sie wieder feucht werden und den Stollen saftig machen. „Unsere Bäcker-Stollen sind Handarbeit. Sie sind so weich, sie laufen über keine Maschine“, erklärt er. Die Prüfung gibt es seit 1992. „Wir wollen sie eigentlich nicht im stillen Kämmerlein, sprich in meiner Backstube, durchführen, sondern in der Öffentlichkeit. Die Bürger sollen zugucken können, wie die Qualität ermittelt wird.“ Doch in Corona-Zeiten ist alles anders. „Kurzfristig bekamen wir die Absage vom geplanten Testraum in der City. So habe ich meine Backstube zur Verfügung gestellt.“
Dort ist es wirklich knackig kalt. Denn es wird ständig gelüftet. Der Einzige, der keinen Mundschutz trägt, ist natürlich der Tester. Brotkönigin Puppe, selbst Bäckermeisterin mit „viel Spaß am Beruf“, trägt neben der Maske eine weiße Schärpe mit goldener Schrift zum dunklen Kleid. „Die Prüfungen sind eine spannende Sache“, findet sie. „Qualität erfährt gerade eine Renaissance, die Verbraucher ernähren sich bewusster und schätzen das Handwerk.“ Sie selbst bevorzugt Butter-Mandel-Stollen und freut sich auf die Zeit nach Corona, wenn sie in ihrer dreijährigen Amtszeit zum „Tag des deutschen Brotes“ nach Berlin reisen kann.