Stellenabbau bei Siemens Siemens-Betriebsrat Spörk: „Fertigung in Krefeld ist nicht zu teuer“

Siemens-Betriebsrat Heinz Spörk erläutert, warum er die Pläne des Konzerns für falsch hält.

Der Betriebsratsvorsitzende Heinz Spörk. Archivbild.

Der Betriebsratsvorsitzende Heinz Spörk. Archivbild.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Krefeld. Der Siemens-Konzern will im Rahmen seiner Neuausrichtung in Krefeld 300 von 2500 Stellen streichen. Die Fertigung sei zu teuer, heißt es. Wir haben mit dem Betriebsratsvorsitzenden Heinz Spörk über seine Sicht der Dinge gesprochen.

Herr Spörk, wie ist die Stimmung in der Belegschaft?

Heinz Spörk: Es herrschen Wut und Enttäuschung. Die Kolleginnen und Kollegen haben tolle Arbeit abgeliefert. Vom Vorstand gab es viel Lob. Und jetzt sollen 300 Stellen wegfallen. Das ist nicht nachvollziehbar.

Lässt sich der Abbau noch verhindern?

Spörk: Ich bin sicher, dass am Ende weniger als 300 Stellen wegfallen werden. Der Vorstand sagt, die Fertigung in Krefeld sei zu teuer.

Trifft das zu?

Spörk: Richtig ist, dass wir Aufträge nicht bekommen haben, weil die Konkurrenz billiger angeboten hat. Dahinter stecken aber vor allem hausgemachte Fehler.

Was meinen Sie damit?

Spörk: Zentrale Bereiche der Bahnsparte wie Vertrieb und Einkauf sind nicht am Standort Krefeld angesiedelt. Das gilt auch für wesentliche Teile der Konstruktion. Es ist absurd, seit Jahren an diesen falschen Strukturen festzuhalten und gleichzeitig über zu hohe Kosten zu klagen. Unverschämt ist es auch, Serviceleistungen für verkaufte Züge nicht der Bahnsparte zuzurechnen. Mit dem Service verdient Siemens viel Geld. Das funktioniert auf Dauer aber nur, wenn vorher Bahnen verkauft worden sind.

Die Fertigung in Krefeld ist aus Ihrer Sicht also nicht zu teuer?

Spörk: Nein, die Abläufe im Werk selbst sind optimal. Wir haben einen Lohnanteil von durchschnittlich etwa 15 Prozent. Effizienter geht es nicht.

Haben Sie Angst, dass die Produktion trotzdem ins Ausland verlagert werden könnte?

Spörk: Leider scheint das für den Vorstand tatsächlich eine Option zu sein. Dabei schreckt das Beispiel unseres kanadischen Konkurrenten Bombardier ab, denn das Unternehmen bekommt seine Probleme mit dem Werk in Polen nicht in den Griff. Es geht hier um Investitionen im hohen dreistelligen Millionenbereich, die sich als Sackgasse erweisen können.

Was wäre aus Ihrer Sicht der richtige Weg?

Spörk: Wir brauchen ein klares Bekenntnis zum Standort Krefeld. Das Unternehmen muss versuchen, Aufträge an Land zu ziehen, auch wenn nicht immer eine Marge von zehn oder mehr Prozent möglich ist. Leider ist die Rendite aber für den Vorstand das oberste Gebot. Genauso wichtig wie die Marge ist es aber, die Wertschöpfungsketten und das technische Wissen im Inland zu behalten.

Welche Aufträge haben Sie konkret im Blick?

Spörk: Hochgeschwindigkeitszüge aus Krefeld fahren zum Beispiel sehr erfolgreich in der Türkei und Russland. In beiden Ländern geht es um neue Großaufträge, bei denen wir gute Chancen haben, den Zuschlag zu bekommen. Allerdings könnten diese Geschäfte auch an den schwierigen politischen Rahmenbedingungen scheitern.

Kann es sein, dass der Vorstand mit dem angekündigten Stellenabbau Druck aufbaut, um die Löhne drücken zu können?

Spörk: Das glaube ich nicht. An den Tarifverträgen wird auf keinen Fall gerüttelt. Das weiß der Vorstand auch.

Aber dass der größte Teil des Auftrags zum Bau der 82 Züge für den Rhein-Ruhr-Express (RRX) nach Wien gegangen ist, hat doch mit den Löhnen zu tun, die dort niedriger sind?

Spörk: Das stimmt. Aber das bedeutet nicht, dass wir als Betriebsräte es zulassen, dass jetzt Belegschaften über Lohndrückerei gegeneinander ausgespielt werden. Noch einmal: An den Tarifverträgen wird nicht gerüttelt. Um sich besser gegen die Konkurrenz aus China wehren zu können, sollen die Bahnsparten von Siemens und Bombardier zusammengelegt werden.

Wie denken Sie darüber?

Spörk: Eine solche Fusion macht durchaus Sinn, weil der Druck aus China wachsen wird. Aber es geht um die Gestaltung, es geht darum, funktionierende Strukturen, wie wir sie in Krefeld haben, zu stärken und nicht zu zerschlagen. Wenn man mit Sachverstand an die Dinge herangeht, hat das Werk in Krefeld auf jeden Fall eine gute Perspektive.

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