Handwerk Fachkräfte per Mausklick ausleihen

Krefeld · Jörg und Stefan Groß haben ein Internetportal entwickelt, das Handwerksbetrieben eine effektive Personalauslastung ermöglicht.

 Die Brüder Stefan (l.) und Jörg Groß haben das Handwerkerportal Handwerker.direct ins Leben gerufen.

Die Brüder Stefan (l.) und Jörg Groß haben das Handwerkerportal Handwerker.direct ins Leben gerufen.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Saisonal bedingte Auslastungsschwankungen, Wettereinflüsse, geplatzte oder kurzfristig erteilte Aufträge, erkrankte oder fehlende Fachkräfte – es gibt viele Situationen, die Handwerksbetriebe immer wieder zu flexiblen Personalmaßnahmen zwingen.

Sie befinden sich in einem Dilemma, egal, ob wegen personeller Engpässe Aufträge nicht angenommen oder erst verspätet erledigt werden können oder ob bei Geschäftsflauten Mitarbeiter wenig effizient Überstunden abbauen müssen. Zwei Unternehmer wollen jetzt Abhilfe schaffen.

Die Brüder sanieren ein altes Haus und fassen einen Plan

Als Bauberater Stefan Groß, gelernter Meister des Bauhandwerks mit langjähriger Erfahrung als Leiter des elterlichen Baubetriebs, ein altes Haus in Traar kaufte und mit Hilfe von Bruder Jörg sanierte, fassten beide den Plan, das leidige Personalproblem am Bau mit einem Internetportal für das Ausleihen von Handwerkern zu lösen. Jörg Groß, als selbstständiger Personalberater mit Themen wie Fachkräftemangel und fehlender Digitalisierung vertraut, steuerte sein Wissen bei. Das Ergebnis ist ein neuartiges Portal und Forum namens Handwerker.direct, das seit Mitte April online steht.

„Das Prinzip ist denkbar einfach“, erklären die Brüder ihr Konzept. Handwerksbetriebe melden sich als Mitglied an und schon kann es losgehen. Wer leihweise Fachkräfte sucht, kann dies nach bestimmten Kriterien tun, etwa nach Berufen wie Dachdecker, Maurer, Verputzer oder Fliesenleger oder nach sonstigen Kenntnissen. Ab wann und wie lange steht die Fachkraft zur Verfügung? Ist sie motorisiert und kann die Baustelle schnell erreichen? In dringenden Fällen lässt sich der Anreiz mit einer attraktiven Entlohnung erhöhen.

Nach einigen wenigen Mausklicks folgt der Griff nach dem Telefonhörer mit Kontakt zum anbietenden Unternehmen. Umgekehrt können Betriebe, die aktuell keine Verwendung für ihre Fachkräfte haben, diese anderen Firmen befristet anbieten und an diese ausleihen.

Das habe für beide Seiten Vorteile: eine bessere Auslastung und ein effizienteres Personalmanagement für die Firmen und eine kontinuierliche Beschäftigung für die Fachkräfte bei guter Entlohnung. Außerdem verhindere ein vorübergehender Personalaustausch Entlassungen.

Das Angebot im Internet
soll werbefrei bleiben

Die Betreiber des Portals haben darüber hinaus auch ein Forum implementiert, in dem sich die Mitglieder austauschen und vernetzen können. Zum Beispiel, wenn sich mehrere Betriebe an einer größeren Ausschreibung gemeinsam beteiligen möchten, was alleine nicht möglich wäre. Oder, wenn sie sich als Subunternehmer bewerben möchten. „Da Zeitarbeit normalerweise nicht erlaubt ist, haben wir ein Rechtsgutachten eingeholt, damit Firmen auf der sicheren Seite sind.“

Außerdem legen die Betreiber nach eigener Aussage Wert darauf, dass das Portal werbefrei bleibt. „Es finanziert sich ausschließlich über die Mitgliedsbeiträge“ (siehe Kasten). Einzige Voraussetzung sei Kooperationsbereitschaft. Allerdings achte man auch auf einen gewissen Qualitätsanspruch. „Wir möchten rechtschaffene Handwerker mit guter Personalqualität und keine Dumpingpreise.“

Deshalb frage man schon im Aufnahmeantrag ab, ob es sich um Meisterbetriebe handele, die Mitglieder in einer Innung oder bei der IHK seien. Aufgenommen werden nur eingetragene Unternehmen und keine Einzelpersonen. „Und wer versucht, anderen Mitgliedern Arbeitskräfte abzuwerben, fliegt aus dem Portal.“

„Im ersten Schritt konzentrieren wir uns auf Betriebe aus dem Einzugsbereich des Niederrheins. Dazu haben wir 1800 Firmen mit Nähe zur Baubranche angeschrieben und am 9. Mai zu einer Info-Veranstaltung eingeladen, um im persönlichen Gespräch Fragen zu beantworten und Vertrauen zu schaffen.“ Fortsetzung geplant: „Allein in NRW stehen 45 000 Betriebe vor vergleichbaren Anforderungen.“

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