Azubistartpunkt Experten in Sachen Recycling

Krefeld · Neue und eher unbekannte Berufe bieten auf dem Ausbildungsmarkt gute Chancen. Dazu gehört die Fachkraft für Abfall- und Kreislaufwirtschaft. Beim Krefelder Unternehmen IMR beginnen im August zwei Azubis.

 Metallschrott türmt sich auf dem Gelände der Firma IMR im Krefelder Rheinhafen. Das Unternehmen ist auf Recycling spezialisiert.

Metallschrott türmt sich auf dem Gelände der Firma IMR im Krefelder Rheinhafen. Das Unternehmen ist auf Recycling spezialisiert.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Mechatroniker, Maschinenführer, Industriemechaniker, Fachlagerist oder Verkäufer – diese Ausbildungsberufe sind zwischen Krefeld und Wuppertal seit Jahren bekannt und beliebt. Oft aber übersteigt hier die Nachfrage das Angebot deutlich. Zum Beispiel ist im Vorjahr in Krefeld der Wunsch, Mechatroniker im Bereich Pkw-Technik zu werden, 176-mal geäußert worden – dem standen aber nur 74 Stellenangebote gegenüber. Bessere Chancen habe man, wenn man einen weniger bekannten oder sogar neuen Beruf ergreifen wolle, sagt Michael Becker von der Krefelder Arbeitsagentur: „Dort gibt es meistens mehr Stellen als Bewerber.“

Solche Berufe, die als zukunftssicher gelten, sind zum Beispiel Kaufleute für E-Commerce im weiter zunehmenden Online-Handel, Packmittel-Technologen, die sich mit dem Design von Verpackungen beschäftigen oder Informations-Elektroniker, die Telefonanlagen, Monitore oder Unterhaltungselektronik verkaufen, warten, installieren. Auch den Kaufmann für Marketingkommunikation gibt es erst seit 2006, weshalb er noch nicht so bekannt ist wie die frühere Bezeichnung Werbekaufmann. „All diese Ausbildungsberufe werden in Krefeld angeboten“, weiß Becker.

Das gilt auch für die „Fachkraft für Abfall- und Kreislaufwirtschaft“. Edgar Lapp, Leiter des Teams Berufsberatung bei der Arbeitsagentur, spricht hier von einem „unterschätzten Beruf“. Denn diese Fachkraft hat ihren Arbeitsplatz nicht hinter dem Müllwagen, sondern beschäftigt sich mit Umweltschutz und Recycling.

Suche nach Fachkräften wird immer schwieriger

Bei der Firma IMR (die Abkürzung steht für Innovative Metal Recycling) im Krefelder Rheinhafen werden Dustin Klinkhammer (22) und Fabio Gallrathe (19) ab 1. August diese dreieinhalbjährige Ausbildung beginnen. Sie sind die ersten Azubis auf diesem Sektor in dem 130 Personen zählenden Betrieb und machen dort derzeit schon ein Praktikum.

„Es wird immer schwieriger für uns, Fachkräfte zu finden“, berichtet Simone Konjkav, Geschäftsführerin des Unternehmens. Teils habe man gar keine Bewerbungen mehr bekommen. Dank intensiver Werbung (etwa mit einem Azubi-Video), einer engen Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit und Kooperationen mit Schulen wie der Gesamtschule am Kaiserplatz konnte Interesse am Unternehmen und einer Ausbildung dort geweckt werden. Neun Azubis insgesamt werden im August bei IMR anfangen.

Fachkraft für Abfall- und Kreislaufwirtschaft – dieser Name für einen Umweltberuf mit breitem Spektrum sei längst nicht mehr zeitgemäß, bedauert Konjkav. Das bestätigt Fabio Gallrathe: „Wenn ich davon erzähle, heißt es nur: Ach, du wirst Müllmann.“

Der 19-Jährige suchte nach eigenem Bekunden einen Beruf, „der einen Unterschied macht in der Welt“. Das sieht er im Recycling als Beitrag zur Ressourcenschonung und zum Umweltschutz als gegeben an. Gerade Deutschland sei auf diesem Gebiet führend in der Welt, weshalb er einen weiten Weg auf sich genommen hat, seinen Ausbildungsplatz in Krefeld anzutreten: Gallrath stammt aus Johannesburg und hat eine deutsche Mutter. „In Südafrika kann ich eine solche Ausbildung gar nicht machen“, berichtet er. Bevor er sich für die Stelle bei IMR entschied, schaute er sich auch Firmen in Hamburg und Berlin an.

Sein Azubi-Kollege Dustin Klinkhammer kommt aus Oberhausen und hat ein Studium zum Grundschullehrer abgebrochen, da es nicht seinen Erwartungen entsprochen habe. Von seinem Vater, der als Wertstoffhändler arbeitet, habe er dann die Empfehlung für die Firma IMR bekommen und sich dort beworben.

Es gab fünf Bewerber, er und Fabio wurden genommen. „Der Beruf ist anspruchsvoll, man muss hohe Motivation und Leistungsbereitschaft mitbringen“, sagt Simone Konjkav zum Auswahlverfahren. Abitur oder Fachabitur seien eine Voraussetzung, auch sollte man gute Noten in Naturwissenschaften vorweisen können und Interesse an Elektrotechnik haben.

Unter der Obhut von Betriebsingenieur Nareg Shamirza, der eigens eine Ausbilder-Prüfung bei der IHK abgelegt hat, lernen die künftigen Azubis den Beruf von der Pike auf kennen. „Schon innerhalb von vier Wochen, die ich hier im Praktikum bin, habe ich viel gelernt“, berichtet Dustin Klinkhammer begeistert.

Im ersten Ausbildungsjahr geht es vor allem darum, die Metalle, mit denen IMR handelt, und die Abläufe in ihrer Sortierung und Verarbeitung kennenzulernen. Analysen des Materials mit Hilfe von Spectrometern und die Erstellung von Probeschmelzen im hauseigenen Labor gehören zu den Aufgaben. Im zweiten Lehrjahr lernen die Azubis die Anlagen und ihre Bedienung kennen – zum Beispiel den 2000 PS-starken Shredder. Am Ende ihrer Ausbildung lernen die angehenden Recycling-Fachkräfte auch die kaufmännische Seite sowie den Umgang mit Zertifizierungen und Genehmigungen kennen.

Edelstahl, Buntmetalle, Schrott aus Stahl und Eisen – diese Stoffe werden bei IMR sortiert, aufbereitet und dann wieder dem Wertstoffkreislauf zugeführt. „Umweltschutz wird dein tägliches Geschäft sein“, heißt es dazu in der Azubi-Werbebroschüre des Unternehmens. Das ist mittlerweile weltweit aufgestellt: Kunden gibt es sogar in Brasilien.

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