Wirtschaft Ein Krefelder Firmenchef zieht Bilanz nach 34 Jahren

Krefeld · Das Speditionsunternehmen Bönders im Krefelder Rheinhafen zählt zu den größten Familienbetrieben der Branche am Niederrhein. Wie es dazu kam und wie sich der Logistikbereich gewandelt hat - der Firmenchef zieht Bilanz.

 Lothar Krenge lernte das Speditionsgeschäft bei Kühne & Nagel. Seit 1987 entwickelt er als Geschäftsführer und später auch als Gesellschafter die Bönders GmbH Spedition und die BKB Globe Intern.

Lothar Krenge lernte das Speditionsgeschäft bei Kühne & Nagel. Seit 1987 entwickelt er als Geschäftsführer und später auch als Gesellschafter die Bönders GmbH Spedition und die BKB Globe Intern.

Foto: wz/Andreas Bischof Tel.+49(0)171285

Seit 34 Jahren leitet Lothar Krenge die Geschicke des Speditionsunternehmens Bönders im Krefelder Rheinhafen und hat es zu einem der größten Familienbetriebe der Branche am Niederrhein entwickelt. Zur B+K Group gehören die international orientierte Spedition BKB Globe und eine Immobiliengesellschaft. Zum Jahreswechsel zieht sich der Unternehmer aus dem operativen Geschäft zurück, nachdem er seine Nachfolge mit Mitarbeitern geregelt hat. Gegenüber der WZ zieht er Bilanz.  

Wie der europäische Binnenmarkt den Wettbewerb veränderte

„Als ich 1987 bei Bönders eintrat, fand ich ein reines Fuhrunternehmen vor – mit 27 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von sechs Millionen D-Mark“, schildert Lothar Krenge seine Ausgangssituation. „Der Wettbewerb im Raum Krefeld bestand aus einer Reihe familiengeführter Speditionen wie Erlenwein, Müncker, Taaks und Vrancken, die heute alle nicht mehr existieren.“ Ein Grund für den bundesweiten Niedergang vieler Wettbewerber sei gewesen, dass der Europäische Gerichtshof 1993 den EU-Binnenmarkt ausgerufen hatte. Bis dahin hätten deutsche Speditionen in einer Art Schlaraffenland gelebt, weil ihnen der Reichskraftwagentarif aus dem Jahr 1931 Transportkonzessionen und damit feste Einnahmen garantierte.

„Ohne Lizenzen und Tarife erfolgte ein radikaler Wandel der gesamten Branche, wobei europäische Unternehmen wie aus den Niederlanden gegenüber den bequem gewordenen deutschen Spediteuren im Vorteil waren.“ Krenge nutzte die Chance und rückte nach und nach vom reinen Fuhrgeschäft ab. „Das beträgt heute noch nicht einmal zehn Prozent des Gesamtvolumens.“ Die aktuell 50 LKW und die gerade acht bestellten Neufahrzeuge sind fest in die Kontraktlogistik eingebunden. Und zwar rund um die Uhr. Zum Beispiel im Zwölf-Stunden-Rhythmus Königshofer Bier am Tag und Chemieprodukte für Lanxess in der Nacht. Die Zugmaschine wechselt lediglich den Auflieger.

IT-Logistiklösungen und auf die Kunden abgestimmte Dienstleistungen aus Lagerung, Kommissionierung, Verpackung, pünktlicher Lieferung und weltweiter Rückverfolgung der Warenströme verschafften dem Unternehmen Kunden und Verträge mit mehrjährigen Laufzeiten. So organisiert das Unternehmen schon seit rund 30 Jahren den Logistiktransfer für Autoersatzteile von BMW und Daimler Benz sowie seit 25 Jahren für Bayer und später Lanxess. Mit dem Kunden aus dem Chemiepark gab es gemeinsam den Deutschen Kooperationspreis für Transport und Logistik. Hinzu kommt die ideale Lage des Firmensitzes in Hafennähe mit einem Umschlagplatz direkt am Hafenkai und der trimodalen Anbindung per Straße, Schiene und Wasser.

Weg vom reinen Fuhrgeschäft und auf IT gesetzt

Statt des reinen Fuhrgeschäfts setzte Krenge schon früh auf Digitalisierung, installierte eine eigene IT-Abteilung und entwickelte für und zusammen mit den Kunden passgenaue Lösungen. „Eine Stärke, die wir vielen Wettbewerbern – selbst Konzernen – voraushaben.“ Zu diesen Vorzügen gehört auch sein Gespür für Betätigungsfelder, die selbst in Krisenzeiten wie der letzten Weltwirtschaftskrise 2008 und der aktuellen Pandemie weitgehend risikofrei sind. „Während die Automobilindustrie derzeit einen großen Wandel erfährt, ist der Ersatzteilhandel davon nicht betroffen, was zum Beispiel die zuverlässige Belieferung von 400 Autohändlern mit mehr als 80000 Teilen in Deutschland und im benachbarten Ausland zeigt.“ Das betrifft auch den weltweiten Import von Nonfood-Gütern aus Asien, zum Beispiel für Aldi Süd.

Im vergangenen Frühjahr  vereinbart Krenge gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Stephan Bergius, der 1998 ins Unternehmen eintrat, und mit Arkadius Grabietz, Inhaber von AKG Logistics, dessen Gesellschaft samt Mitarbeitern in die BKB Globe zu integrieren, in die Grabietz als geschäftsführender Gesellschafter wechselte. Ein Coup mit Multieffekt: Die exportorientierte AKG ergänzt die Importaktivitäten der BKB Globe und bringt Logistikkenntnisse aus dem Geschäft in Asien und Osteuropa sowie als Spezialist für das Containergeschäft mit.

Heute erwirtschaften 430 Mitarbeiter einen Jahresumsatz von 50 Millionen Euro. „Ich bin stolz auf die Entwicklung des Unternehmens zu einem geschätzten Dienstleister“, sagt Krenge ohne Pathos. „Stolz auf die Leistung der Mitarbeiter, von denen viele schon seit Jahrzehnten dem Unternehmen angehören. Und stolz auf die von langer Hand vorbereitete Nachfolge, die harmonisch und ohne Bruch erfolgt.“

Zum Abschied gibt es 500 Euro Corona-Prämie für die Mitarbeiter

Das Wohlergehen der Mitarbeiter lag dem Unternehmer stets am Herzen. Für ihn, so sagt er, seien motivierte Mitarbeiter das höchste Gut des Unternehmens und er sei bereit, dafür in Vorleistung zu treten. So legte er Wert auf Weiterbildung, auf gut ausgestattete Arbeitsplätze, familienfreundliche Lösungen durch flexible Arbeitszeiten und durch Arbeit im Homeoffice – schon lange vor Corona. Zu seinem Abschied bedankt er sich bei ihnen mit einer „Corona-Prämie“ von 500 Euro.   

Als Gesellschafter bleibt Lothar Krenge den drei Unternehmen in Zukunft ohnehin weiter erhalten. Und als geschäftsführender Gesellschafter von Krenge & Bönders Immobilien bewahrt sich der 71-Jährige Unternehmer „eine kleine Spielwiese“, die ihm den abrupten Übergang in den Ruhestand erleichtert. „Schließlich bin ich Zwölf-Stunden-Arbeitstage einschließlich der Wochenenden gewohnt“, sagt er.

Die Gesellschaft betreibt direkt neben dem Firmengelände der beiden Speditionen noch eine 42 000 Quadratmeter große Freifläche mit zwei Hallen und Büros. Ein Großteil der Fläche ist von Bönders für die Firmenfahrzeuge gemietet. „Der Rest ist frei vermietbar und bei Speditionen wegen der Hafennähe heiß begehrt“, sagt er. 

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