Pflegeschüler des Krankenhauses Wie es ist, nicht sehen zu können

Zur Woche des Sehens probierten die Pflegeschüler des Krankenhauses Maria-Hilf aus, wie es ist, nicht sehen zu können.

Pflegeschüler des Krankenhauses: Wie es ist, nicht sehen zu können
Foto: abi

Krefeld. Herzhaft beißt Marta Kocon in ihr Wurstbrötchen. Es hat auch lange genug gedauert, bis sie es fertig geschmiert und belegt hatte. „Ist doch gar nicht so schwer“, sagt die Pflegeschülerin — und stützt sich fast mit ihrem Ellbogen in einen Schoko-Creme-Fleck auf dem Tisch vor ihr. Den hat sie nicht gesehen. Vielleicht doch nicht so einfach.

Mit Schlafmasken über den Augen probieren Marta Kocon und ihre Mitschüler beim Frühstück zum ersten Mal aus, wie es ist, nichts sehen zu können. Diese Aktion in Zusammenarbeit mit dem Blinden- und Sehbehindertenverein findet zum zweiten Mal in der Krankenpflegeschule am Krankenhaus Maria-Hilf statt. Anlass ist die Woche des Sehens.

„Das Schwierigste ist für die Schüler meistens, von jetzt auf gleich nicht sehen zu können und sich erstmal hilflos zu fühlen“, sagt Beate Pogorzelsky, Vorsitzende des Vereins, die selbst eine Sehbehinderung hat. Nach einer Zeit gewöhnen sich viele aber daran — zumindest beim Frühstück. „Ich habe mir beim Decken gemerkt, wo alles steht. Deswegen geht es einigermaßen“, sagt Samuel Neugebauer. Trotzdem ist er unsicher, ob er sein Brot richtig bestrichen hat — und der Tisch sieht sicher aus wie ein Saustall, vermuten er und seine Mitschüler.

Ziel der Übung: Die Erfahrungen aus dem Tag mit dem Blindenverein mit in den Arbeitsalltag als Pfleger zu nehmen. „Für Blinde und Sehbehinderte ist es zum Beispiel enorm wichtig, angesprochen zu werden“, sagt Pogorzelsky. Wenn eine Pflegekraft im Krankenhaus den Raum betritt, sollte sie sich bemerkbar machen. Genauso beim Verlassen Bescheid sagen.

„Ich war selbst erst vor Kurzem im Krankenhaus. Da waren alle super darauf eingestellt“, sagt die Vorsitzende des Blindenvereins. Als sie ankam, sei die Schwester mit ihr das Zimmer und das Bad abgelaufen und habe ihr gezeigt, wo alles steht. Wenn es Essen gab, sei ihr erklärt worden, wo auf dem Tablett und sogar wo auf dem Teller sich was befindet. So habe sie nicht immer mit Besteck oder Fingern ertasten müssen, wo die Suppe und wo die Kartoffeln zu finden waren.

Die Schüler beim Frühstück versuchen es vorerst aber so. Bis auf ein paar bleiben alle blind. „Wo ist die Wurst?“, „Gibt es noch Gurke?“, „Wo ist denn nun wieder der Pfeffer hin?“, hört man durch den Raum. Vorsichtig versuchen die zukünftigen Pfleger, sich ihren Frühstückstisch zu ertasten. Nur im Notfall greifen die Sehenden ein. So ist es auch einfacher für die Schüler: Um ihr Platz zu machen, stellt eine der Schülerinnen ohne Maske Marta Kocons Tasse ein bisschen zur Seite. Prompt kann sie die nicht mehr finden.

„Jemandem, der im Rollstuhl sitzt, sieht man seine Behinderung direkt an“, sagt Beate Pogorzelsky. An Schwellen oder an der Tür wird da vielleicht öfter mal geholfen. Bei Blinden und Sehbehinderten ist das schon schwieriger. Trotzdem bräuchten auch die bei bestimmten Dingen Hilfe. Das haben die Schüler an diesem Aktionstag am eigenen Leib erfahren.

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