Interview Wie der neue Kripo-Chef Krefeld sieht

Krefeld · Seit Mitte April ist Rüdiger Korp der neue Leiter der Kriminalpolizei in Krefeld. Wie er die Lage in der Stadt sieht und wie er das Sicherheitsgefühl der Bürger stärken möchte, hat er im Interview erklärt.

 Das Foto zeigt Rüdiger Korp, neuer Leiter der Kriminalpolizei, an seinem ersten Arbeitstag in Krefeld.

Das Foto zeigt Rüdiger Korp, neuer Leiter der Kriminalpolizei, an seinem ersten Arbeitstag in Krefeld.

Foto: Polizei Krefeld

Seit Mitte April ist Rüdiger Korp der neue Leiter der Kriminalpolizei in Krefeld. Zuletzt war der 58-Jährige Leiter einer Kriminalinspektion mit Feldern wie Fahndung, Cybercrime und Kriminalprävention bei der Polizei in Düsseldorf. In der Landeshauptstadt war er unter anderem auch für die Bekämpfung politisch motivierter Straftaten verantwortlich. Wie er die Lage in Krefeld sieht und wie er das Sicherheitsgefühl der Bürger stärken möchte, hat er im Interview erklärt.

Die Zahl der registrierten Straftaten in Krefeld ist im fünften Jahr in Folge gesunken – treten Sie nun ein schweres oder ein leichtes Erbe an?

Rüdiger Korp: Das ist eine gute Frage. Der Rückgang von Straftaten und die hohe Aufklärungsquote zeigen, dass Krefeld in dieser Zeit objektiv sicherer geworden ist. An diese Erfolge meines Vorgängers möchte ich gerne anknüpfen. Insofern stellt dieser sehr erfreuliche Trend eine Herausforderung für mich dar, der ich mich gerne stelle.

Sie sind seit zwei Wochen Leiter der Kriminalpolizei in Krefeld. Welchen Eindruck haben Sie von der Stadt?

Korp: Mein Dienstantritt fällt in eine historische Phase, die Coronakrise. Daher ist mein erster Eindruck davon geprägt und erscheint irreal – wie vieles in dieser Zeit. Was mich freut: Jeder, dem ich bisher begegnet bin – selbstverständlich in gebührendem Abstand –, hat mich ausgesprochen freundlich und entgegenkommend willkommen geheißen. Erste Besprechungen mit Vertretern der Staatsanwaltschaft sowie des Amts- und des Landgerichtes haben diesen positiven Eindruck ebenfalls unterstrichen. Die Stadt Krefeld präsentiert sich mir auf den ersten Blick in einem lebens- und liebenswerten Eindruck mit vielen grünen Straßenzügen, Wegen und Plätzen. Auch zeugen zahlreiche hübsche Häuser an den grünen Alleen auf meinem Weg ins Büro von „guten alten Zeiten“.

Wo gibt es – trotz der in vielen Bereichen positiven Zahlen – Verbesserungsbedarf?

Korp: Zum einen gibt es die genannten positiven Entwicklungen, zum Beispiel die Halbierung der Wohnungseinbrüche (minus 55 Prozent gegenüber dem Höchststand von 2015) und den Rückgang der Jugendkriminalität, um zwei Bereiche zu nennen. Gleichwohl sind auch steigende Tendenzen in einzelnen Kriminalitätsfeldern erkennbar, so bei Gewaltdelikten wie dem Raub oder beim Angriff auf Vollzugsbeamte. Sicherheit im öffentlichen Raum ist mir deshalb ein besonderes Anliegen, weil diese Straftaten das Empfinden der Bürgerinnen und Bürger besonders tangieren. Jedes Opfer ist eines zu viel. Deshalb möchte ich bestmöglich Prävention betreiben. Dazu möchte ich die Netzwerkarbeit festigen und mit anderen Behörden zusammenarbeiten. Die Krefelder Kriminalpolizei soll für die Menschen vor Ort da sein und die Bürgerinnen und Bürger mit einbeziehen, ob Kinder, Jugendliche oder Senioren. Ich möchte zudem die Aufklärungsleistung weiter stärken, das heißt die Anzahl der Festnahmen erhöhen, um so Präventiveffekte zu erzielen.

In welchen Bereichen werden Sie noch Schwerpunkte setzen?

Korp: Die Polizei NRW misst dem Thema sexueller Kindesmissbrauch einen hohen Stellenwert bei. Die Vorfälle in Lügde und Bergisch Gladbach verdeutlichen, dass wir ein wachsames Auge auf das Wohl der Jüngsten in unserer Gesellschaft haben müssen. Das gilt auch für die Polizei Krefeld: In diesen Tagen hat das Ministerium neue Rahmenbedingungen festgelegt, die wir nun zügig umsetzen wollen. Ermittlungen zu Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern bedürfen einer hohen Fachkunde. Sie werden nach dem Wunsch des Innenministeriums künftig in den Polizeipräsidien des Landes geführt. Das bedeutet, dass die Kripo Krefeld künftig Fälle aus dem Bereich der Polizei Kleve übernehmen wird, so wie es bereits bei den Kapitaldelikten wie Mord oder Totschlag üblich ist. Bei der Auswertung von umfangreichen Datenträgern werden wir neue technische Möglichkeiten des Landeskriminalamtes NRW nutzen. Das alles stellt uns vor große Herausforderungen. Einen dritten Schwerpunkt sehe ich bei der Sicherheit und Kriminalität im Kontext von Seniorinnen und Senioren. Das Gefühl nach Sicherheit in unserer Gesellschaft wird empfindlich gestört, wenn gerade ältere Menschen Opfer spezialisierter Tätergruppen werden, die sie auf gemeine Weise um ihre Ersparnisse bringen wollen. Wir wollen einen Beitrag leisten gegen das perfide und gezielte Vorgehen professioneller Täter. Information und Aufklärung sind die Schlüssel zum Erfolg. Gemeinsam mit örtlichen Kooperationspartnern sind wir ein wichtiger Partner in der Kriminalprävention. Dabei ist mir besonders eine enge Zusammenarbeit mit Banken und Einrichtungen der Seniorenarbeit wichtig. Daher möchte ich Aufgaben des polizeilichen Opferschutzes mit denen nicht-polizeilicher Institutionen noch besser abstimmen, damit alle Maßnahmen im Sinne der Opfer optimal ineinandergreifen.

Welche neuen Herausforderungen sehen Sie noch in Krefeld?

Korp: Die Kriminalitätsbekämpfung ist ein dynamischer Prozess. Es gibt neue Kriminalitätsphänomene, neue Begehungsweisen und neue technische Entwicklungen. So war Cyberkriminalität vor einigen Jahren noch nicht so ausgeprägt wie heute und die Maschen der Täter passen sich an aktuelle Entwicklungen an, wie wir beispielsweise bei den Betrugsdelikten im Zusammenhang mit der Corona-Sofort-Hilfe gemerkt haben, als plötzlich täuschend echte Fake-Seiten auftauchten. Aus meiner bisherigen Erfahrung kann ich sagen, dass jede Zeit ihre Straftaten hat, das macht es zwar spannend aber stellt uns eben auch vor Herausforderungen. Dazu zählen derzeit leider auch die Entwicklungen im Bereich des Extremismus. Zugenommen haben Tendenzen des Rechtsextremismus und des Islamismus. Ich stelle mir die Frage, wie wir eine Radikalisierung von Menschen in Krefeld erkennen und verhindern. Die Polizei Krefeld ist schon seit einiger Zeit aktiv im Bereich der Clankriminalität (Anm. d. Red.: Zum Beispiel in den Bereichen Missbrauch von Sozialleistungen oder Shisha-Bars als Rückzugsorte): Wir wollen, dass sich in Krefeld keine Strukturen und keine rechtsfreien Räume entwickeln. Das alles sind Herausforderungen, die mich in meiner neuen Aufgabe begleiten werden. Hierbei können unsere aufmerksamen Bürgerinnen und Bürger den Sicherheitsbehörden helfen, indem sie der Polizei frühzeitig Hinweise geben, denen wir dann nachgehen.

Wie sieht eigentlich so ein Arbeitstag eines Leiters der Direktion Kriminalität in Krefeld aus?

Korp: Ich übernehme mit der Leitung der Kriminalpolizei die Verantwortung für 194 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese Spezialisten arbeiten in sehr unterschiedlichen und spannenden Bereichen, von A wie Automatenaufbruch bis Z wie Zwangsprostitution. Alle sind hoch motiviert, Straftaten aufzuklären oder zu verhindern. Ein ganzes Team berät und unterstützt mich dabei, Schwerpunkte zu setzen und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Dazu analysieren wir täglich die Kriminalitätsentwicklung: Welche Straftaten sind rückläufig, welche häufen sich und warum? Gibt es besondere Tatörtlichkeiten, neue Tätermaschen, sind Tatserien erkennbar und, wenn ja, wie müssen wir darauf reagieren? Das sind nur einige der Fragen, die wir regelmäßig beraten und entscheiden. Sie merken, wie dynamisch das sein kann. Wenn also eine herausragende Straftat passiert, wie kürzlich ein bewaffneter Überfall auf einen Geldtransporter, dann hat die Aufklärung eine hohe Priorität. In diesen Fällen müssen andere Dinge vorübergehend zurückgestellt werden und eine Ermittlungskommission wird eingesetzt. Dazu hole ich mir die Einschätzung meiner Führungskräfte ein, mit denen ich mich angesichts der aktuellen Pandemie teilweise in Videokonferenzen austausche. Zudem mache ich natürlich Antrittsbesuche in jedem Kommissariat. Der persönliche Austausch ist mir wichtig und die Botschaft, dass jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter willkommen ist und mit Problemen oder Fragestellungen zu mir kommen kann. Auf diesen Austausch freue ich mich ebenfalls.

Sie haben lange in Düsseldorf gearbeitet. Was unterscheidet Krefeld von der Landeshauptstadt aus kriminalistischer Sicht?

Korp: Düsseldorf als Sitz der Landesregierung, Stadt mit zahlreichen internationalen Vertretungen, Ziel zahlreicher touristischer Events und Attraktionen und Messestadt ist damit bisweilen auch „Magnet“ für überörtliche, reisende sowie internationale Kriminelle, was die Ermittlung und Verfolgung Tatverdächtiger in vielen Fällen erschwert. Das Straftatenaufkommen ist in Düsseldorf deutlich höher, die Aufklärungsquote geringer als in Krefeld. Ich denke, dass unabhängig von diesen Faktoren aber eines vergleichbar ist: das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger. Wo Menschen zu Schaden kommen, fühlen sie sich unsicher. Deshalb muss es weiterhin unser Ziel sein, die Stadt sicher zu machen, die Sorgen der Bürger ernst zu nehmen und dies auch zu kommunizieren. Daher unterstütze ich eine transparente Öffentlichkeitsarbeit. Das heißt konkret, wenn die Krefelder Kriminalpolizei Erfolge verzeichnet, werden wir natürlich auch darüber berichten. So stärken wir das Sicherheitsgefühl der Menschen in dieser Stadt.

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