Gericht Wenn Jugendliche mit dem Gesetz in Konflikt kommen

Krefeld · Stefan Zembol ist Jugendrichter und sagt über seinen Job: „Im Idealfall machen wir uns überflüssig.“

Stefan Zembol ist Richter am Amtsgericht.  Foto: Dirk Jochmann

Stefan Zembol ist Richter am Amtsgericht. Foto: Dirk Jochmann

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Wenn Stefan Zembol aus seinem Büro im Krefelder Amtsgericht am Preußenring blickt, dann hat er einen direkten Ausblick auf das Hafthaus. Hier saßen bis zur Schließung des Gefängnisses einige seiner „Kunden“.

Zembol ist Jugendrichter. Junge Menschen, die straffällig werden, müssen zu ihm. Dabei geht es nicht zwingend um Strafe. „Jugendstrafrecht ist Erziehungsstrafrecht“, sagt Zembol. Denn wer einmal vorm Jugendrichter sitzt, soll sich das so sehr zur Warnung gelten lassen, dass es sich möglichst nicht wiederholt. „Im Idealfall machen wir uns selbst überflüssig“, sagt der zweifache Vater. Das klappt nur leider nicht immer.

Gerichtstermine sollen kurzfristig auf die Tat folgen

Als Jugendrichter begleitet er die jungen Straftäter vom Ermittlungsverfahren über die Hauptverhandlung bis zur Strafvollstreckung. Das heißt, er hat mit den Verurteilten auch noch nach dem Prozess zu tun. Bei seinen Kollegen im Erwachsenenstrafrecht sind oft andere Richter für die Vollstreckung einer Strafe zuständig. Also zum Beispiel dafür, ob sich jemand während einer Bewährung straffrei führt oder eher aus der Haft entlassen werden kann. Beim Jugendgericht gibt es auch das. Aber da auch erzieherisch auf die Straftäter eingewirkt werden soll, hat Stefan Zembol die Möglichkeit Sozialstunden zu verordnen, ein Anti-Aggressionstraining oder einige Tage in einer Jugendarrestanstalt.

Die Gerichtstermine sollen möglichst kurzfristig, d.h. bei der Justiz einige Wochen bis Monate, nach der Tat erfolgen, damit den jungen Menschen schnell merken, dass ihr Handeln Konsequenzen hat. Zembol lernt die Delinquenten aber auch schon vorher kennen. Einen Tag der Woche hält er sich für Anhörungsgespräche frei. Dabei geht es nicht nur um die Straftaten, sondern besonders auch um das Umfeld und die Zukunft.

Wer Zuhause Grenzen bekommt, muss sie nicht draußen austesten

Wir fahren hier allerdings keinen Schmusekurs und beurteilen schon hart“, so Zembol. Das Jugendstrafrecht hält einen Strafrahmen bis zu zehn Jahre im Gefängnis bereit – in manchem besonders schweren Fall ist noch eine anschließende Sicherungsverwahrung möglich. Jugendstrafrecht findet für Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren und meist auch noch für Heranwachsende bis zum 21. Lebensjahr Anwendung.

Seit 2001 ist Stefan Zembol Richter, vor acht Jahren bewarb er sich auf die freigewordene Stelle als Jugendrichter. Bis heute hat Zembol große Freude an seiner Arbeit: „Der Vorteil am Erziehungsstrafrecht ist, dass Sie etwas bewegen können. Sie können Lebensläufe positiv beeinflussen.“ Das funktioniert natürlich nicht immer. Der erfahrene Jurist hat mit den Jahren ein Auge für das Umfeld der jungen Straftäter entwickelt. Da sei die Erziehung sehr wichtig.

„Wenn ich sehe, dass die Erziehung funktioniert, kann ich mich oft zurücklehnen.“ Denn mancher Jugendliche wolle sich einfach nur mal die „Hörner abstoßen“ und seine Grenzen austesten. Standarddelikte seien daher „Schwarzfahren, Klauen und Hauen“. Die Mehrzahl der Straftäter ist männlich. Zembol sagt allerdings auch: „Wer Zuhause Grenzen gesetzt bekommt, muss sie nicht draußen austesten.“ Er sei allerdings auch schon auf Angeklagte getroffen, die bereits in der dritten Generation straffällig seien.

In seiner Tätigkeit arbeitet Zembol auch mit der Jugendgerichtshilfe oder der Bewährungshilfe zusammen. Gemeinsam versuche man, die Jugendlichen wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Außerdem hält er regelmäßig AGs in Rechtskunde in den Schulen ab. Auch damit versuche er sich, ein Stück weit „überflüssig“ zu machen.

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