Wendung im Mordprozess Beate S.: Komplize soll der Mörder sein

Der 31-Jährige, der Beate S. (75) umgebracht haben soll, brach sein Schweigen: Ein Mittäter habe die Dame getötet.

Krefeld. Monatelang hatte Hristo I. (31) jede Aussage verweigert. Am Donnerstag brach der Mann, der die 75-jährige Beate S. in deren Wohnung an der Camesstraße umgebracht haben soll, vor dem Landgericht sein Schweigen. Der Bulgare lieferte eine völlig neue Version von den Abläufen in der Tatnacht ab. Er bringt jetzt einen bislang unbekannten Mittäter ins Spiel.

Während Hristo I. die Seniorin in deren Erdgeschosswohnung am Rande des Fischelner Stadtparks „nur“ niedergeschlagen haben will, soll ein „Sunny“ genannter Komplize für den Tod der vermögenden früheren Bankprokuristin verantwortlich sein. Das ließ er über seinen Verteidiger verlautbaren.

Der Bulgare, Zuhälter in einem Bordell an der Neusser Straße in Mönchengladbach, bestätigte, vom Hausbesitzer Stefan K. (43) den Mordauftrag erhalten zu haben. Der Mann aus Wegberg habe mehrfach erzählt, dass die frühere Lebensgefährtin seines verstorbenen Schwiegervaters nerve und es Probleme mit ihr gebe. Hristo I., genannt „Richie“, sollte jemanden finden, der diese löst. Als langjähriger Seemann, der zeitgleich zum Gladbacher Bordell-Job Wanderarbeiter in Belgien vermittelte, räumte er Kontakte zur Unterwelt ein. Regelmäßig war er geschäftlich im Nachbarland unterwegs.

Daher kannte er auch „Sunny“. Mit dem in kriminellen Kreisen „Der Stehler“ genannten Mann, der in Brüssel Fahrräder klaute, wollte er bei Beate S. einbrechen, sie aber keineswegs töten. Er sei nämlich nur zum Schein auf den Mordauftrag von Stefan K. eingegangen, der Beate S. und ihr Vermögen detailliert geschilderte hatte. Er bezeichnet K. als naiv. „Stefan war vom Milieu fasziniert — eine Welt, mit der er eigentlich nichts zu tun hatte.“ Der 43-jährige Computerspezialist, der in Wegberg ganz bürgerlich mit Birgit K. (41) und Sohn (12) in einem Einfamilienhaus lebte, „versuchte eine Mafia-Sprache zu pflegen“.

Mit „Sunny“ habe er sich überlegt, den von K. erwähnten Schmuck bei Beate S. zu stehlen, sie aber allenfalls zu fesseln. Die 23 000 Euro für den Mordauftrag wollte das Duo dem Wegberger schon vorher abnehmen — doch der weigerte sich. So reifte der Plan, ihn später mit dem Mordauftrag zu erpressen. Doch dazu kam es nicht, weil Beate S. doch starb.

„Richie“ ließ über seinen Anwalt erklären, er sei getrennt von „Sunny“ am Tatabend am 16. März nach Krefeld gefahren. Von Stefan K. habe er den Wohnungsschlüssel erhalten. Der in Einbrüchen erfahrenere „Sunny“ habe aufgeschlossen und dazu kurz die Stoffhandschuhe ausgezogen. „Richie“ selbst will „Arzt-Plastikhandschuhe“ getragen haben. Zunächst von Beate S. unbemerkt hätten sie im Schlafzimmer Wertgegenstände gesucht. Plötzlich sei in der Diele das Licht angegangen und die 75-Jährige erschienen. Da sie schrie, habe er ihr ins Gesicht geschlagen und sie weggestoßen, wobei ein Handschuh geplatzt sei. Beate S. sei gegen die Wand getaumelt und benommen zu Boden gegangen. Sein „Kollege“ sei aus dem Schlafzimmer gekommen und habe S. mit einem Schal den Mund zugedrückt, damit sie nicht weiter schrie. Er sei dann mit der Beute abgehauen und habe „Sunny“ zurückgelassen — eine getrennte Flucht sei vorab verabredet gewesen. Beate S. habe da noch gelebt. Von ihrem Tod habe er erst später von Stefan K. erfahren. Demnach müsse „Sunny“ die Dame getötet haben. An der Leiche fand sich als einzige fremde DNA-Spur allerdings nur die von „Richie“.

Der Prozess wird fortgesetzt.

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