Raubmord Warum kam der anonyme Tipp?

Im Prozess um den Raubmord von St. Tönis sagte Mittwoch ein ermittelnder Polizist aus.

Raubmord: Warum kam der anonyme Tipp?
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Krefeld / St. Tönis. Nächste Runde im Prozess um den getöteten Rentner Jörg W. aus St. Tönis: Mit Beweisanträgen, einer Zeugenaussage und Terminabsprachen musste sich gestern die 1. Große Strafkammer des Krefelder Landgerichts auseinandersetzen.

Die Vorsitzende Richterin fasste zunächst noch einmal die Aussage eines Gutachters aus der vergangenen Sitzung zusammen. Der hatte berichtet, dass ein Angeklagter nach der Tat monatelang im Bett seiner Mutter geschlafen habe. So schwer habe ihn die Tat belastet.

Am Mittwoch nun nahm ein Polizist im Zeugenstand Platz. Der Beamte war dem anonymen Hinweis nachgegangen, der später zur Festnahme der heutigen Angeklagten geführt hatte. Es war dem Polizisten gelungen, den Tippgeber zu identifizieren und ausfindig zu machen.

Er habe den Mann in Dortmund vernommen, berichtete der Polizist. Woher wusste er von der möglichen Mittäterschaft des Verdächtigen? Und: Was war dessen Motiv, den Tipp zu geben? Er war zu dieser Zeit mit der Schwester eines heutigen Angeklagten liiert. Das Wissen um die schreckliche Tat habe ihn sehr belastet, erklärte der Polizist. Finanzielle Gründe gab es nicht.

Zwar war eine Belohnung ausgesetzt, aber „er hatte so viel Schulden, das interessierte ihn nicht“, so der Polizist. „Hatte er Angst?“, wollte die Richterin wissen. „Den Eindruck machte er nicht“, so der Zeuge. Der Mann sei zudem wegen „häufiger Betrügereien“ bekannt gewesen.

Noch vor dem anonymen Tipp hatte derselbe Polizeibeamte einen Angeklagten vernommen, um dessen Alibi zu checken. Das Stichwort Vernehmung rief dann im Saal die Verteidiger auf den Plan. Wie schon so oft in diesem Verfahren ging es darum, ob alle Formalia eingehalten worden waren.

Das wurde erneut bezweifelt. „Mein Mandant sagt, er sei nicht belehrt worden“, sagte einer der Juristen und hielt das dem Polizisten vor. „Natürlich habe ich ihn belehrt“, entgegnete dieser.

„Wissen Sie, was eine notwendige Verteidigung ist?“ Das wollte ein anderer Verteidiger von dem Polizisten wissen. Hintergrund: Bei Nachfragen von Menschen, die vernommen werden sollen, sollen Polizisten Auskunft über „notwendige Verteidigung“ geben. „Nein“, musste der Beamte einräumen.

Immerhin erklärte der Anwalt, ein Professor aus Köln, später, dass möglicherweise eine Gesetzeslücke vorliege. Auf keinen Fall sei seine Nachfrage ein persönlicher Angriff gewesen.

Dass das Verfahren eine langwierige Angelegenheit wird, ist absehbar. Schon der Versuch, weitere Termine abzustimmen, mündete im Wust von Mitteilungen der beteiligten Anwälte, wer wann denn auf keinen Fall kann. Der Prozess wird fortgesetzt — vermutlich noch lange.

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