Krefeld Wackeltest für 20 000 Grabsteine

Jedes Jahr wird die Standsicherheit des Grabschmucks geprüft. Wie das geht, wurde am Dienstag in Fischeln gelehrt.

Krefeld. Die Friedhöfe in der Stadt Krefeld sind in einem guten Zustand, das steht für Richard Stein, den Experten der Deutschen Naturstein-Akademie (Denak), außer Zweifel. Der hatte am Dienstag den Fischelner Friedhof als Veranstaltungsort für ein Fachkundeseminar gewählt, in dem die Teilnehmer praktisch lernten, wie sie die Standfestigkeit von Grabmalen prüfen. Auch die Theorie wurde gepaukt, zusammengefasst auf 84 Seiten in der „Technische Anleitung zur Standsicherheit von Grabmalanlagen“ (TA Grabmale). Sie regelt das Verfahren.

Der stellvertretende Seminarleiter Paul Engel (r.) erklärt Teilnehmer Martin Sindorf die Funktion eines Druckmessgerätes, mit dem die Standfestigkeit der Grabmale geprüft werden kann.

Der stellvertretende Seminarleiter Paul Engel (r.) erklärt Teilnehmer Martin Sindorf die Funktion eines Druckmessgerätes, mit dem die Standfestigkeit der Grabmale geprüft werden kann.

Das Interesse ist groß: 28 Teilnehmer aus Städten zwischen Hennef und Ahlen setzen sich mit Prüflasten, Prüfverfahren, der Dokumentation der Ergebnisse und Empfehlungen zur Sicherung von losen Grabmalen auseinander. Der Fachkundenachweis sei für die Arbeit auf kommunalen Friedhöfen unverzichtbar, erläutert Heike Blondin, die Abteilungsleiterin Krefelder Friedhöfe in der Stadtverwaltung. „Wir haben ja eine Verkehrsicherungspflicht.“

Gibt es Beanstandungen, wird ein Aufkleber angebracht.

Gibt es Beanstandungen, wird ein Aufkleber angebracht.

Blondins Mitarbeiter Bodo Lauterbach ist für diese Aufgabe auf den elf kommunalen Friedhöfen der Mann der Wahl. Der städtische Steinmetz beurteilt, ob ein Grabstein standsicher ist, ob er Schäden aufweist, ob er repariert werden muss. Es ist eine Sisyphosaufgabe. „Geprüft wird am Ende des Winters nach dem Frost“, erläutert Bodo Lauterbach. Denn eisige Temperaturen können Schäden verursachen, wenn beispielsweise Nässe in Fugen zieht, Material abbricht, Steine mürbe werden oder sich lockern. Bei 86 000 Grabstätten und rund 20 000 stehenden Grabsteinen dauert die Prüfung nicht selten bis November. „Nach dem Frost ist vor dem Frost“, sagt Richard Stein achselzuckend. Bei einem unbedeutenderen Mangel reicht ein Aufkleber auf dem Grabmal — gelb leuchtende Aufforderung an die Grabpfleger, sich zu kümmern. Ist jedoch die Standsicherheit gefährdet, wird der Stein mit Pfahl und Spannband gesichert oder in Notfällen direkt umgelegt.

„Es ist die Aufgabe der sogenannten Nutzungsberechtigten, sich um die Beseitigung der Schäden zu kümmern“, betont Heike Blondin. „Mit der Sicherung der Grabmale ist die Stadt aus der Haftung, sollte etwas passieren.“

Halten Grabmale über zwei Sekunden einem wachsenden Druck von 30 Kilogramm stand, gibt es keine Beanstandung. Geprüft wird an der Oberkante des Grabsteins beziehungsweise in 1,20 Meter Höhe, sollte das Monument höher sein. Der Stein müsse in Hüfthöhe dem Druck standhalten, erläutert Lauterbach.

Die Anforderungen der TA Grabmale sind in Krefelds Satzung hinterlegt und damit verbindlich. Mit gutem Resultat, wie Blondin findet. Bei jedem Stein, der versetzt, ausgebessert oder neu gesetzt wird, müssen ein Fachmann eingeschaltet und die Standsicherheit neu belegt werden. Das Ergebnis laut Heike Blondin: „Seit wir die TA Grabmal 2007 eingeführt haben, sind viel weniger Steine wacklig, maximal 50 im Jahr.“ — „Das ist sehr wenig“, bestätigt Richard Stein. Bodo Lauterbach kommt in diesem Prozess eine besondere Rolle zu: „Ich bin die Schnittstelle zwischen Stadt, Antragstellern und Steinmetz.“

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