Corona Unterwegs mit Krefelder Einkaufshelfern

Krefeld · Ein gutes Dutzend Krefelder Organisationen unterstützt Bedürftige beim Einkaufen. Wir haben zwei von ihnen in ihrem neuen Alltag begleitet.

 Stella Rütten kauft, was gebraucht wird und bringt es bis vor die Tür.

Stella Rütten kauft, was gebraucht wird und bringt es bis vor die Tür.

Foto: ja/Andreas Bischof

Pierre Klebs sitzt auf seiner überdachten Terrasse im Garten. Das Desinfektionsspray ist nicht weit. Der 33-Jährige ist so etwas wie ein Sekretär für die Jungsozialisten der Krefelder SPD in diesen Tagen. Bei ihm laufen die Bestellungen und Fragen rund um das Thema Einkaufshelfer ein. Seit mehr als einer Woche bieten die Jusos diesen Dienst für hilfsbedürftige Menschen an, in den vergangenen Tagen nahm die Sache Fahrt auf.

Am vergangenen Donnerstag, nach dem Bericht unserer Redaktion, wonach mehrere Jugendeinrichtungen in der Stadt sich an der Aktion beteiligen, klingelte das Telefon von Pierre Klebs noch einige Male mehr. „Wir hatten an dem Donnerstag zehn Bestellungen, das ist dann am Freitag aber wieder abgeflacht.“

 Pierre Klebs übernimmt die Koordination der eingehenden Bestellungen.

Pierre Klebs übernimmt die Koordination der eingehenden Bestellungen.

Foto: ja/Andreas Bischof

Klebs sitzt vor seinem Notebook in seinem Haus in Oppum. Im Hauptberuf ist Computerspezialist, nebenbei arbeitet er für die Jusos. Er fragt die Wünsche und Bestellungen am Telefon ab, verteilt die Aufgaben dann in einer Whats-App-Gruppe. Etwa 15 Juso-Mitglieder stehen dann zur Verfügung, je nach Gebiet. „Bisher haben wir die Einkäufe noch am selben Tag der Bestellung im gesamten Stadtgebiet geschafft“, sagt Klebs. Die meisten Menschen riefen aus der Innenstadt an.

Das gilt auch für den aktuellen Anruf. Ein Mann aus Stadtmitte kann das Haus derzeit nicht verlassen. Ein Job für Stella Rütten, die Krefelder Juso-Chefin. Die Hochstraße ist belebter, als man denkt in diesen Tagen. In einem Discounter soll Rütten einkaufen gehen. Ein Wunsch des Kunden, der seine genauen Preisvorstellungen mitgeteilt hat. Draußen füttert eine Frau eine Taubenschar. Im Laden ist nur eine Handvoll Menschen. Der Kunde braucht drei Artikel. Es wird ein schneller Einkauf, doch Katzenstreu ist nicht mehr erhältlich, Fleischwurst ist dagegen reichlich da. Dazu gibt es noch ein paar Liter Limonade. „Getränke in großen Mengen kann auch vom Lieferdienst gebracht werden“, sagt Stella Rütten. Die Abrechnung passiere in Bar an der Tür. Geldabheben für die Kunden sei dagegen problematisch ohne Vollmacht. Trotz der Hilfsbereitschaft gilt: In rechtliche Schwierigkeiten wollen sich die Einkaufshelfer nicht bringen. „Es gibt auch Leute, die uns einfach nur anrufen und sich bedanken, aber gar nichts bestellen“, sagt die Juso-Vorsitzende.

20 Einkäufe habe es in der einen Woche schon gegeben. „Wir wollen es vor allem für diejenigen anbieten, deren Familie weg ist und die ganz alleine sind.“ Medikamente kaufen, das gab es bisher noch nicht, doch Rütten erwartet, dass die Anrufe und Bestellungen in den nächsten Tagen deutlich zunehmen werden.

Immer wieder muss Stella Rütten parallel auf ihrem Handy in einer Chatgruppe tippen. Absprachen, Organisation. „Manche Kunden sind echt ratlos. Die klammern sich an dieses Angebot. Man merkt dann, wie erleichtert sie sind, wenn wir ihnen die Sachen bringen. Das ist ein gutes Gefühl.“ Auch das kurze Gespräch mit den Kunden an der Haustür sei ja schon wichtig für diejenigen, die alleine sind.

An der Kasse maßregelt eine Frau in der Schlange einen Mann, der sich vordrängelt. Auch den fehlenden Abstand eines anderen Kunden moniert sie. Zu Fuß geht es weiter zum Kunden. Zehn Minuten Fußweg, dank der Navigation im Handy ist man schnell am Ort. „Es ist cool, dass man das auf so breite Schultern stellt“, sagt Stella Rütten. Denn: Zahlreiche Jugendeinrichtungen machen seit dieser Woche bei der Aktion mit.

Das Telefon klingelt, ein Helfer stößt irgendwo im Stadtgebiet hinzu. 100 Nachrichten muss er erstmal lesen im Chat. Stella bringt dem Kunden die Ware auf dessen Wunsch bis in die Wohnung. Sie soll am nächsten Tag noch einmal wiederkommen. Das Katzenstreu wird benötigt, auch will der Mann Joghurt haben – und da wären ja noch vier Säcke Leergut. Bezahlt wird erst am nächsten Tag. Viele Wünsche, viel zu tun für die Jugendeinrichtungen in Krefeld.

Soziale Armut das begegnet den Helfern in diesen Tagen oft. „Man sieht auch, dass einige Leute diese strukturierte Hilfe eigentlich immer bräuchten“, sagt Rütten. Nach einer Stunde geht es nach Hause. 60 Minuten Zeitaufwand für drei Artikel und einen Kunden. „Der Einsatz lohnt sich trotzdem“, sagt sie.

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