Unbezahlte Überstunden: Jetzt sprechen die Feuerwehr-Frauen

Im Streit um jahrelang geleistete Mehrarbeit ist der Frust bei den Mitarbeitern der Berufsfeuerwehr riesig. Erste Vorschläge der Stadt werden „entwürdigend“ genannt.

Krefeld. Die Wut bei Krefelds Berufsfeuerwehrleuten ist riesig. Richter haben schon vor Jahren festgestellt, dass die Bereitschaftszeit der Beamten auch Arbeitszeit ist — womit sechs Stunden der durchschnittlichen 54-Stunden-Woche bei der Bezahlung unter den Tisch gefallen waren. Das hat sich zwar mittlerweile geändert.

Doch für zurückliegende Jahre wird von der Stadt eine Nachzahlung verweigert. Insbesondere wie die Verwaltung mit ihnen umgeht, beklagen die Mitarbeiter. Das sagen sie nicht selbst, weil sie es aufgrund des besonderen Dienstverhältnisses nicht dürfen. Aber ihre Frauen. Denn längst belastet das Thema nicht nur die Stimmung in den Wachabteilungen, sondern auch im heimischen Wohnzimmer.

Die Frauen der Feuerwehrleute wollen das nicht länger hinnehmen. Sie machen ihrem Unmut jetzt Luft und sprachen mit der WZ über die für sie unerträgliche Situation. Sieben Ehefrauen berichteten von einem unmöglichen Umgang der Stadt mit ihren Mitarbeitern. Die Lage habe sich in dieser Woche noch verschärft, seit Stadtdirektorin Beate Zielke am Mittwoch mit Vertretern der Feuerwehr über eine mögliche einvernehmliche Lösung gesprochen hat.

Denn sie habe verschiedene Angebote unterbreitet, die zwar eine finanzielle Zuwendung darstellten. Es handele sich aber gerade einmal um die Hälfte dessen, was ihren Männern tatsächlich zustehe. Zudem soll Zielke in Aussicht gestellt haben, dass es nur dann eine Regelung geben werde, wenn dem tatsächlich auch alle betroffenen Feuerwehrbeamten zustimmten.

„Es ist zu erwarten, dass der größte Teil der Beamten diesen entwürdigenden Vorschlag ablehnen wird“, sagt Ulrike Tabbert. Ihr Mann ist bereits im Ruhestand, aber auch er hat etliche Überstunden geleistet. „Bei allen Kollegen summieren sie sich auf 265 000 Stunden“, sagt sie.

Die Stadt führt juristische Gründe an, aus denen sich für sie keine Zahlungspflicht ergibt (die WZ berichtete). Hieß es in einem Urteil noch, die Wehrleute hätten rechtzeitig schriftliche Anträge stellen müssen, so entschied nun das Bundesverwaltungsgericht, sie hätten die Nicht-Berücksichtigung der Überstunden zumindest rügen müssen. „Unsere Männer sind doch keine Verwaltungsfachangestellten. Sie machen ihren Beruf mit Leidenschaft, aber woher sollen sie so etwas wissen? Das hätte ihnen doch ihr Arbeitgeber sagen müssen“, sagt Karin Einöthen.

Wenn etwa durch Einsätze Überstunden anfielen, dann müssten diese auch nicht erst beantragt werden, schildern die Feuerwehrfrauen. „Bei den Großbränden Roeren und Compo beispielsweise waren unsere Männer da, obwohl sie dienstfrei hatten. Selbstverständlich sind diese Überstunden auch so erfasst worden, ohne dass jemand etwas rügen musste“, sagt Annika Reddig.

Die Frauen ärgert, dass sie wegen des Schichtdienstes sehr oft auf ihre Partner verzichten müssen, etwa bei Familienfeiern und Partys oder an Weihnachten. Durch den Beruf war dies zwar immer klar und wird auch akzeptiert — dass der Dienstherr aber nicht alles bezahlt, was gearbeitet wird, ärgert sie maßlos. „Dies darf nicht dazu führen, dass sie sich von ihrem Dienstherrn ausnutzen lassen, der sich hinter juristischen Spitzfindigkeiten versteckt“, sagt Ulrike Tabbert.

Stadtdirektorin Beate Zielke hat die Mitglieder des Verwaltungsausschusses am Dienstag informiert, dass 39 Klagen von Feuerwehrleuten vorlägen. Hier handelt es sich nach Angaben der Frauen um Untätigkeitsklagen: Weil die Mitarbeiter Anträge auf Ausgleich der jahrelangen Mehrarbeit gestellt haben, die Stadt aber darauf nicht reagiere, ließen sich 130 Beamte anwaltlich vertreten. Besagte 39 hätten Klage eingereicht, um endlich einen Bescheid zu erhalten, gegen den man dann wiederum klagen könne.

Die Stadtdirektorin berichtete den Politikern, man wisse zwar mittlerweile, dass die Wehrleute nicht explizit Anträge hätten stellen müssen. Ansprüche seien aber dennoch nach drei Jahren verjährt. Zu den Inhalten des Gesprächs am Mittwoch wollte sich Zielke gegenüber der WZ nicht äußern.

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