Umbenennung: NS-Geschichte belastet Straßen

Carl-Diem-Weg soll umbenannt werden. Drei weiterere Straßenschilder erhalten einordnende Zusatzhinweise zu ihren Namensgebern.

Krefeld. Nur zwei Straßen in Krefeld werden wegen einer Nazi-Vergangenheit der Namensgeber gestrichen oder umbenannt: Die eine ist der Axel-Holst-Weg am Egelsberg, der derzeit unbewohnt ist. Holst war SS-Sturmführer. Der andere ist der Carl-Diem-Weg unweit der Preußen-Sportanlage am Stadtwald. Dort wohnen zehn Familien. Carl Diem, einer der Organisatoren der Olympischen Spiele in Berlin 1936, war als Sportführer eng mit dem Hitler-Regime liiert.

Umbenennung: NS-Geschichte belastet Straßen
Foto: Anna Schwartz

Bemerkenswert ist, dass die im Juni 2013 von Oberbürgermeister Gregor Kathstede (CDU) eingesetzte Kommission die Geschichte dreier relativ großer Namen der Stadtgeschichte präzisiert. Die Otto-Brües- und die Rembertstraße sowie der Buschhüterdyk erhalten Zusatzschilder, die unter anderem auf die „antidemokratischen und rassistischen Schriften“ der Namensgeber verweisen, „die von der weltoffenen, liberalen und toleranten Bürgerschaft verurteilt“ werden.

Die Straßen Am Feierabend, Arbeitsfrieden, Freizeitanger und Heimatplan an der Forstwaldstraße erhalten ebenfalls Zusatzschilder, auf denen auf den Bezug zur NS-Ideologie verwiesen wird, die damit versucht habe, „das Zusammengehörigkeitsgefühl der berufstätigen Bevölkerung zu verherrlichen und damit den totalitären Unrechtsstaat zu stützen.“ Zielgruppe dieser Botschaft waren vor allem die Arbeiter des Stahlwerks. In einem Zusatz heißt es: „Die Erinnerung an diese Zeit ist für Krefeld stetige und dringliche Mahnung, für Mitmenschlichkeit, Toleranz und Weltoffenheit einzutreten.“

Keine Empfehlung gab die siebenköpfige Kommission unter Leitung von Olaf Richter, Chef des Stadtarchivs, für eine Umbenennung der nach den ebenfalls NS-belasteten Wirtschaftsführern Hans-Günther Sohl (Fischeln) und Carl Duisberg (Uerdingen) benannten Straßen. Sohl sei zwar seit 1933 Mitglied der NSDAP gewesen, räumt Richter ein, Recherchen in britischen Militärarchiven hätten aber lediglich eine Rolle als „Mitläufer“ ergeben. Eine „persönliche Schuld“ etwa zur Frage des Einsatzes von Kriegsgefangenen oder Zwangsarbeitern bei den Deutschen Edelstahlwerken sei ihm nicht nachzuweisen gewesen, sagt Richter.

Der Kommission, deren Auftrag sich auf die NS-Vergangenheit beschränkte und Personen des 1. Weltkriegs ausklammerte, gehörten neben Olaf Richter an: Robert Claßen, Vorsitzender des Vereins für Heimatkunde, Bürgermeisterin Jutta Pilat (FDP), Mechthild Staudenmeier (Grüne), Dr. Eugen Gerritz (SPD), Hans-Peter Kreuzberg (CDU) und Georg Opdenberg (Katasteramt). Die Tatsache, dass Ingrid Schupetta, Leiterin der NS-Dokumentationsstelle, nicht in der Kommission vertreten war, erklärt Schul- und Kulturdezernent Gregor Micus damit, dass mit Staudenmeier als langjähriger Vorsitzende des Vereins Villa Merländer und Olaf Richter die Dokumentationsstelle ausreichend vertreten gewesen sei.

Der Rat, dem die Liste der Umbenennungen und Ergänzungen gestern vorgelegt wurde, nahm diese zur Kenntnis und beauftragte die Verwaltung mit deren Umsetzung, die im Laufe des Jahres, so Micus, erfolgen werde.

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