Stadtteil-Check Lehmheide Ulmenstraße: Statt Abriss viel Leben im Dorf

Krefeld. Wer in der Ulmenstraße Ulmen sucht, der sucht vergeblich. Diese Bäume wachsen dort nicht mehr. Dafür gibt es in diesem verkehrsberuhigten Bereich schöne grüne Vorgärten und weiße Doppelhäuser, die — auf den ersten Blick — auch nicht an die ursprüngliche Bestimmung der Straße erinnern.

Stadtteil-Check Lehmheide: Ulmenstraße: Statt Abriss viel Leben im Dorf
Foto: Dirk Jochmann

Da deuten die Namen der benachbarten Spinnerei- und Baumwollstraße schon auf mehr Geschichte hin. Denn: An der Ulmenstraße, im Süden der Stadt, lag Krefelds älteste Industriearbeiter-Siedlung.

„Unser Dorf“ nennen die Bewohner der acht gepflegten weißen und heute denkmalgeschützten Doppelhäuser liebevoll ihr kleines Gebiet nördlich der Obergath. Sie halten fest zusammen und feiern die Feste, wie sie fallen. So zum Beispiel das 30-jährige Bestehen in 2010.

Die Siedlung ist jedoch viel älter. Sie verdankt ihr Bestehen der 1896 errichteten „Crefelder Baumwollspinnerei“, die nur durch das Angebot von Wohnungen Arbeitskräfte anwerben konnte. Nach dem Krieg wurden Flüchtlinge aus Ostdeutschland in den Wohnungen untergebracht. Es gab weder Toiletten, noch Badezimmer. Eigentlich waren die Häuser am Südwest-Ende des ehemaligen Spinnerei-Geländes schon fast zum Abriss freigegeben, als sie durch die Wohnstätte wieder aufpoliert wurden.

Vor dem Aufbau stand der Abbau „wilder“ Anbauten. „Enge ,Hucken‘ bald wohnlich“, titelte die Westdeutsche Zeitung im April 1979. Bis zu Sanierung und Umbau der Häuser 1980 lebten in den Doppelhäusern je acht Familien, heute sind es zwei.

Dagmar und Bernd Albrecht sind Bewohner der ersten Stunde, nach 1980. Sie leben in Haus Nummer 8. „Früher, das heißt 1980 und 1981, wollte kein Taxi bis vor unsere Haustür fahren. Denn die Straße war nicht fertig, das Wasser stand hoch in den Pfützen“, erinnert sich die Hausfrau. „Heute sind die matschigen Pisten akkurat gepflastert und verkehrsberuhigt. Autos sind nur zum Be- und Entladen erlaubt.“

Auch die Innenausstattung der Gebäude hat sich geändert. Neben dem Einbau des Sanitärbereiches wurden große Räume geschaffen, indem Zwischenmauern eingerissen wurden. Unter den Anwohnern haben sich zahlreiche Freundschaften entwickelt.

„Wir vertragen uns alle gut“, sagt Bernd Albrecht mit ein wenig Untertreibung. Denn die Nachbarschaft der Ulmenstraße hat gemeinsam schon viel unternommen, etwa eine gemeinsame Fahrt in die Eifel veranstaltet oder die „Ulmenrocker“ gegründet, ein Gesangsquartett, das bei runden Geburtstagen der befreundeten Nachbarn Ständchen gesungen hat.

„Wir mögen die einheitliche Architektur unserer Häuser, die großen Gärten und die Nähe zur Stadt, samt ÖPNV-Anbindung“, betont das Ehepaar Albrecht.

Wie sehr sie ihre Umgebung lieben, zeigt auch die Bewerbung um den Rheinischen Denkmalpreis des Jahres 2000. Er war für Bürger gedacht, die sich für die Rettung alter Bausubstanz einsetzen und wurde von Christiane Underberg in Rheinberg ausgelobt. Dagmar Albrecht: „Die Anwohner der Häuser 7, 8, 9 und 11 haben sie eingereicht. Es war genau 20 Jahre nach unserem Einzug, ein denkwürdiges Datum.“

Zur Begründung: „Unsere Entscheidung hier zu investieren und zu leben, war insofern mutig, als man sich nicht am Äußern der Häuser orientieren konnte, sondern nur an den Plänen.“ Den Denkmalpreis haben sie zwar nicht bekommen. Aber die Feier unter den Nachbarn der Ulmenstraße zum runden Geburtstag und zur Wiederbelebung ihres „Dorfes“ war dennoch spitze. Da sind sich alle einig.

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