Uerdingen So läuft die Sanierung der Herberz-Häuser

Uerdingen · Die Arbeiten an den markanten Gebäuden im Uerdinger Zentrum sind im Gange. Zu Besuch auf der Baustelle.

 Hausmeister Reinhard Hacke im Treppenhaus des Rathauses.

Hausmeister Reinhard Hacke im Treppenhaus des Rathauses.

Foto: Andreas Bischof

Der Ingenieur Klaus Palm steht auf dem Dach der alten Bücherei am Uerdinger Marktplatz. Zwischen Balustrade und Dachziegeln liegt eine schmale Trittleiste. Von dort hat Palm einen perfekten Blick über die Stadt. „Hier kann man mal entspannen“, sagt er und blinzelt in die Frühlingsonne. Entspannen vom Großprojekt, das in diesem Moment unter seinen Füßen liegt.

Die Bücherei gehört zu den Herberz-Häusern. So heißen die prachtvollen Anwesen in Uerdingens Zentrum am Markt und nebenan an der Alten Krefelder Straße. Palm ist der Mann, der dafür sorgen soll, dass die Herberz-Häuser ihre Pracht auch in Zukunft haben. Er arbeitet für das Zentrale Gebäudemanagement der Stadt Krefeld. Dort koordiniert er die etwa 800 000 Euro teure Sanierung der Fassaden. Im vergangenen Jahr hat der Einsatz langsam begonnen, nun zum Frühjahr soll es richtig losgehen. „Wir haben eine Menge zu tun“, sagt Palm während er von seinem Platz auf dem Dach auf Uerdingen hinunterblickt. „Aber es ist eine schöne Arbeit.“

 Das Treppenhaus in der Bücherei mit Stuck-Verzierungen.

Das Treppenhaus in der Bücherei mit Stuck-Verzierungen.

Foto: Andreas Bischof

Die Fassade ist erst der Anfang, auch im Inneren der Gebäude ist einiges zu tun. Darum geht es in einem zweiten Schritt. Viele Monate wird Uerdingen diese Baustelle also noch beschäftigen. Was ist schon passiert? Was kommt als nächstes? Das erklärt Palm bei einer Führung vom Erdgeschoss hoch auf eben jenes Dach.

 Klaus Palm vom Gebäudemanagement der Stadt erklärt die Fassadensanierung.

Klaus Palm vom Gebäudemanagement der Stadt erklärt die Fassadensanierung.

Foto: Andreas Bischof

Mit den Herberz-Häusern kümmere er sich um geschichtsträchtige Orte, sagt Palm noch unten vor der Eingangstür. Im Jahr 1832 wurden sie von gleichnamigen Kaufleuten gebaut. Später folgte die Nutzung als Rathaus, Apotheke beziehungsweise Bücherei. Der Reichtum der Ur-Väter lässt sich bis heute erahnen. „Dabei wohnten die Kaufleute hier gar nicht so lange drin“, sagt Palm. Rasch kamen die Herberz-Häuser in offizielle Hand.

Palm öffnet den Bauzaun vor der Bücherei und schiebt danach ein kleines Stück der Folie am Baugerüst zur Seite. Diese verhüllt das Gebäude derzeit komplett. Dahinter liegt der Putz der Fassade. Die dicken, gelben Farbschichten darüber kommen derzeit weg. Zunächst beizt ein Fachmann die Farbe ab. Nach einigen Tagen kommen mit einem Hochdruck-Wasserkompressor alle Reste von der Wand. Diese sammeln sich auf einer Folie am Boden. Dann könne das Gebäude wieder atmen, so Palm.  Diese Arbeiten hätten sich etwas gezogen. Damit das Abbeizen funktioniert, ist nämlich gutes Wetter nötig. Regen darf das Mittel nicht von der Wand spülen.

Während der Putz freigelegt wird, erlebt Palm immer wieder Überraschungen. „Man weiß nie, wie es darunter aussieht.“ An der Bücherei sind etliche Löcher im Putz, die mit Zement aufgefüllt sind. Palm vermutet, dass dies Einschusslöcher aus dem Krieg sind.

Und wie soll die neue Fassade aussehen? „Hellgrau statt gelb“, sagt Palm. Ein dünnerer Mineralfarbanstrich soll her, um möglichst die Optik zu erreichen, die die Gebäude ursprünglich hatten. Palm tauscht sich dafür mit der Denkmalpflege aus und weiß: Die gelbe Farbe kam wohl erst in den 1970`er Jahren auf die Wände.

Palm öffnet die Tür der Bücherei. Das Innere lässt den alten Glanz erahnen. Eine hohe Wendeltreppe mit weißem Stuck verbindet die Etagen. Den kleinen Saal in der ersten Etage zieren ein wuchtiger Kronleuchter und hohe Spiegel. Die besonderen Details können nicht über die großen Probleme hinwegtäuschen. Auch im Inneren wartet noch viel Arbeit. „Strom, Kanal, Wasser – alles muss neu rein“, sagt Palm. Aber der Reihe nach: Erst die Fassade.

Dazu gehören auch die Fenster. „Wir haben alle Fensterflügel ausgehangen“, sagt Palm. Stattdessen schließen nun Holzbretter die Wand bis die Fenster erneuert sind. In einem Raum sind mittlerweile die weißen Fensterahmen gesammelt. Dort stehen sie aufgereiht an den Wänden. Das Glas ist aus den Rahmen entfernt. Das Holz soll weiter genutzt werden. „Das ist in gutem Zustand“, sagt Palm. Daher arbeitet ein Maler es derzeit auf. Auf einem Tisch in der Ecke stehen die Eimer mit der weißen Farbe. Abschließend kommt neues Glas in die Rahmen.

Ingenieur Palm findet es wichtig, dass die Herberz-Häuser endlich wieder in Schuss kommen. „Für den Niederrhein ist so ein klassizistischer Bau eine Rarität.“ Eine Rarität, die im zweiten Obergeschoss besonders mitgenommen daherkommt. Dicke Macken in den Wänden, die Fensterrahmen sind teils zersplittert. „Hier oben war selten jemand“, sagt Palm. Daher sei dort auch wenig passiert.

Nach der zweiten Etage geht es hoch aufs Dach – zum Ausblick über die Stadt. So schön dieser Platz ist, so viel Arbeit sieht Palm auch hier. Die Metallbalustrade soll aufgearbeitet werden. Das heißt: Gitter abschrauben, beim Fachmann sanieren lassen und wieder anschrauben. „Sehen Sie, wie viele Rosetten da an die Gitter angeschraubt sind. Das wird viel Arbeit“, sagt Palm.

Er läuft entlang der Metallgitter von der Marktplatz-Seite zur Rückseite der Bücherei. Dann deutet er nach unten auf zwei schmale, kleinere Anbauten. Den längeren Seitenflügel würde Palm gerne erhalten. Denn dieser Flügel muss schon zum Ursprungsbau gehört haben, vermutet Palm. Kurz wird der Ingenieur Palm zum Historien-Detektiv Palm. „In diesem Flügel müssen die Wirtschaftsräume der Kaufleute gewesen sein.“ Im Haupthaus habe er nämlich keine Indizien gefunden, dass es dort einst eine Küche gab. „Aber irgendwo müssen die Bewohner beziehungsweise ihre Angestellten ja gekocht haben. Da kam sicher nicht täglich der Caterer“, sagt Palm und lacht kurz.

Dann geht es wieder nach unten. Vorbei an den ganzen kleinen und großen Baustellen der Herberz-Haus-Sanierung. Genug zu tun haben Palm und seine Leute in jedem Fall. Schließlich war das erst die Bücherei.

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