Klimawandel Trockenheit wird immer mehr zum Problem - Krefelds Wald hat mächtig Stress

Krefeld · Das dritte Jahr in Folge fällt viel zu wenig Regen und die Trockenheit und Hitze setzen den Bäumen in Krefelds Wald und Stadtgebiet stark zu.

 Ein Blick nach oben in die Baumwipfel im Stadtwald zeigt die Schäden der Trockenheit.

Ein Blick nach oben in die Baumwipfel im Stadtwald zeigt die Schäden der Trockenheit.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Den Bäumen fehlt jetzt in der Vegetationsphase das Wasser. Nach zwei vergangenen sehr trockenen Jahren fällt auch bislang viel zu wenig Niederschlag. Wer nach oben in die Baumkronen schaut, ob in Krefelds Wäldern oder im Stadtraum, sieht abgestorbene Triebe in den Wipfeln. Der Fachmann spricht von Wipfeldürre. Die Bäume haben Stress. Es ist zu wenig Wasser und somit Wasserdruck vorhanden, um in die höheren Regionen des Baumes aufzusteigen. Unterschiedliche Bäume reagieren unterschiedlich darauf. 98 Prozent des Krefelder Waldes bestehen laut Stadtförster Jens Poschmann aus Laubbäumen. Hauptsächlich Rotbuchen und Eichen zu jeweils 25 Prozent, gefolgt von Esche, Ahorn, Erle wachsen hier, 39 verschiedene Baumarten sind es insgesamt. „Nur zwei Prozent des Waldes bestehen aus Nadelholz“, so Poschmann. Vor allem sind das Fichten. Ohne Wasser können sie keinen Harz produzieren und haben keine Abwehrkräfte gegen den Borkenkäfer. „Die Fichte hat am Niederrhein keine Zukunft“, sagt der Stadtförster, nicht in den Wäldern und nicht in privaten Gärten.

1000 Hektar Wald gehören der Stadt, der Rest ist privat

Im Umweltausschuss am Dienstag (ab 17 Uhr im Seidenweberhaus) steht deshalb neben der Verabschiedung des neuen Klimaschutzkonzeptes für Krefeld auch ein Antrag der Grünen auf der Tagesordnung, den Waldzustandsbericht fortzuschreiben. 1200 Hektar gibt es in Krefeld, 1000 davon gehören der Stadt, der Rest ist privat.

Als Jens Poschmann 2018 die Nachfolge von Arno Schönfeld-Simon antrat, war die Trockenheit schon sichtbar und alle in Sorge, wie sich das auf den Baumbestand auswirken wird. Vor allem die so beliebte und lange als robust eingeschätzte Buche und der Bergahorn sind stark betroffen und sterben allmählich ab. Allein im Krefelder Zoo sind 140 Rotbuchen von der Buchenkomplexkrankheit befallen gewesen und inzwischen weitestgehend gefällt. Ihre Standsicherheit war nicht mehr gewährleistet.

Auch im Stadtwald haben Trockenheit und Hitze dem Baumbestand stark zugesetzt. Etliche Bäume besonders rund um den Deuß-Tempel, in Bereichen an der Hundefreilaufwiese sowie entlang der Hüttenallee und der Rennbahn mussten in den vergangenen Monaten gefällt werden.

Im April regnet es nur an einem Tag – zu wenig

Auch wenn in Corona-Zeiten mit Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen der sonnige und warme April von vielen Krefeldern für Spaziergänge, Radtouren oder Sonnenbäder auf dem Balkon und im Garten genutzt und geschätzt wurde, für die Vegetation bedeutete das den ersten Stress im Jahr. An der Wetterstation in Tönisvorst sind 15 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gemessen worden. 60 bis 70 Liter sind es normalerweise. Mit der Folge, dass die Waldbrandgefahr auch in Krefeld und am Niederrhein schon im Frühjahr immens hoch war. Ende April war deshalb schon die Warnstufe drei erreicht, ohne Regen wäre Stufe vier gefolgt.

Katja Leendertz führt seit vielen Jahren Buch über die Niederschläge in Krefeld. Gemeinsam mit ihrer Schwester Silja Leendertz-Aigner betreibt sie den Hofladen Heimannshof in Traar. Sie bauen nicht nur Obst und Gemüse selber auf ihrem Grundstück an. Sondern haben auch den dazugehörigen familieneigenen, bekannten großen Landschaftspark mit seinen prächtigen Bäumen, Gehölzen und Gärten im Blick. Durch den Regen im Winter sind zwar die Grundwasser-Depots wieder angefüllt worden. Aber das habe das seit April 2018 bestehende Niederschlagsdefizit nicht ausgleichen können. Dazu hätte deutlich mehr Niederschlag fallen müssen. „Schon der Januar war viel trockener als erwartet, normal sind 65 Liter, wir hatten in Krefeld jedoch nur 50“, berichtet Katja Leendertz. Im Februar habe es dann zwar mit 137 Litern pro Quadratmeter doppelt so viel geregnet wie sonst, aber das hat dennoch nicht gereicht. Die Oberflächen waren feucht, in der Tiefe war es weiter trocken, das Erdreich.

Im März gab es mit 64 Litern zwar fast die reguläre Niederschlagsmenge, aber dafür war es wärmer als durchschnittlich. „Und somit ist viel mehr Wasser verdunstet als sonst.“

Die folgenden zwei kalten Wochen haben es nicht ’raus gerissen. „Zu Ostern wurde es wieder sehr warm, und der ganze April war trocken. Erst am 29. April hat es das erste Mal in dem Monat geregnet, das waren 20 Liter pro Quadratmeter“, berichtet Katja Leendertz. 60 bis 70 Liter fallen üblicherweise in einem April am Niederrhein. Deshalb ist im April, auch wegen des Blattaustriebs, schon kräftig gewässert worden. Auch die Regenfälle am 1., 2. und 11. Mai haben nur wenig geholfen. An diesen drei Tagen sind zehn bis 15 Liter ’runter gekommen. „Weiterer Regen in den kommenden Tagen ist nicht in Sicht“, sagt Katja Leendertz mit Sorge.

Im neuen Klimaschutzkonzept ist das Thema aufgenommen. Überlegt wird, künftig bei der Pflanzung neuer Bäume automatische Bewässerungssysteme einzurichten. Im Stadtgebiet sind im Auftrag des Kommunalbetriebes bis Mai 481 Bäume neu gepflanzt worden (Kosten 140 000 Euro). Überlegt wird auch, welche robusten Bäume die Wetterveränderungen mitmachen und gleichzeitig heimischen Vögeln und Insekten ausreichend Nahrung bieten. Als Zukunftskandidaten von der Bayerischen Landesanstalt für Forstwirtschaft werden gehandelt: Esskastanie, Douglasie, Flaumeiche, Winterlinde, Sandbirke, Stieleiche und Spitzahorn, gemischt – und keine Monokulturen mehr.

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