Krefeld Tier-WGs im Zoo: Wenn Hühner Tapiren Gesellschaft leisten

Ein Äffchen, das einen Leguan am Kehllappen krault, oder Agutis, die einem alten Saki-Herrn Leben ins Gehege bringen, gehören zu den Tier-WGs des Krefelder Zoos.

Krefeld: Tier-WGs im Zoo: Wenn Hühner Tapiren Gesellschaft leisten
Foto: Vera Gorissen

Krefeld. Für Mifi ist es ein bisschen wie Fernsehen. Der Saki-Senior braucht sich nur ein bisschen zurückzulehnen, es sich gemütlich zu machen und zuschauen, wie es bei den Zwergagutis wuselt. Das Affenmännchen lebt in trauter Gemeinschaft mit den meerschweinchengroßen Nagern. Da ist immer ein bisschen was los, aber auch nicht zu viel. Denn der ältere Herr braucht „viel Ruhe“, wie Zoo-Pressesprecherin Petra Schwinn sagt.

Krefeld: Tier-WGs im Zoo: Wenn Hühner Tapiren Gesellschaft leisten
Foto: Vera Gorissen

Mifi ist 25 Jahre alt, seine Sakigruppe ist ihm nach und nach weggestorben. Nachdem er sich an einem Auge verletzt hatte, musste es entfernt werden. Mittlerweile ist der Teil des Geheges, das er hauptsächlich nutzt, behindertengerecht umgebaut, berichtet Schwinn. „So dass er keine Sprünge machen muss und gefahrlos über die Mauersprünge auf verschiedene Ebenen kommt.“

Krefeld: Tier-WGs im Zoo: Wenn Hühner Tapiren Gesellschaft leisten
Foto: Stefanie Schweers (l.), Hella Hallmann (r.)

Wohngemeinschaften im Zoo Krefeld gibt es einige, aber Mifi ist sicherlich in dieser Hinsicht einer der erfahrensten Bewohner. Er hat auch schon mit einem einzelnen Braunrücken-Tamarin und einem Goldlöwenäffchen zusammengelebt, mit denen er — so unter Affen — selbstverständlich anders interagieren konnte als mit den Agutis. Aber, wie gesagt, hat er es mittlerweile eh lieber ruhiger.

Was WGs angeht, gibt es im Zoo viele bewusst gewählte Mieter- und Untermieter-Varianten. Da wäre zum Beispiel das Wasserschwein-Männchen im Tapirhaus. Das in die Jahre gekommene Männchen ist von frühester Jugend an blind. Deshalb lebt es auch ohne Partnerin. Aber es hat Gesellschaft.

Ein Sebrighthuhn-Pärchen — in Spitzenzeiten waren es vier — leistet ihm Gesellschaft. Diese kleine Vogelrasse lebt schon seit Generationen im Südamerikahaus und wird von den Pflegern auch gerne als „Therapiehühnchen“ bezeichnet. Denn mit Vorliebe spazieren sie über die Rücken des Wasserschwein-Männchens und der Tapire. „Das ist wahrscheinlich wie eine Rückenmassage“, sagt Schwinn.

Was Massagen angeht, ist auch das Regenwaldhaus schon Schauplatz überraschender Körperkontakte gewesen: Da untersuchte ein junger Saki intensiv den Kehllappen eines Grünen Leguans, der dabei die Augen schließt. „Ob aus Genuss oder Duldsamkeit, kann man nicht sagen“, so Schwinn.

Der künstliche Dschungel mit feuchtwarmer Tropenluft und üppigem Grün ist quasi nichts anderes als eine riesengroße Wohngemeinschaft. Vergesellschaftung nennen die Experten das, was in den 80er-Jahren in der Zootierhaltung seinen Anfang nahm und im 1998 eröffneten Krefelder Regenwaldhaus auf großer Fläche umgesetzt ist. „Grundsätzlich ist die Vergesellschaftung ein gutes Mittel, die Tiere artgerecht zu halten“, erklärt Schwinn, „auch in der Natur stehen sie ständig in Interaktion mit der eigenen, aber auch anderen Arten.“ Diese Abwechslung täte ihnen gut.

Trotzdem teilen die Bewohner das Regenwaldhaus, ohne dass es die Menschen genau wissen, in Reviere auf. Auch ihre Lebensrhythmen spielen eine Rolle im WG-Leben. So haben die Sakiäffchen tagsüber das Heft in der Hand, nachts sind es eher die Faultiere. Aus nachvollziehbaren Gründen Reviere vorgegeben bekommen haben die Kaimane, Vogelspinnen, Anakondas und Pfeilgiftfrösche. Trotzdem sind beispielsweise Fledermäuse und Vögel immer wieder am offenen Becken der Kaimane zu sehen. „Wenn sie dort trinken, laufen sie zwar Gefahr, im Rachen eines Kaimans zu verschwinden“, betont Schwinn, „aber dieses riskante Verhalten bedeutet auch ein gewisses Stress-Level, das die Tiere agil und aktiv hält.“

Ein schönes Beispiel für gewollte WGs ist auch die Afrikawiese. Hier leben Strauße, Impalas und große Kudus nicht nur nebeneinander. Impalas und Kudus integrieren sich sehr stark miteinander. Ein Impala-Jungtier schloss sich sogar schon einmal zu Beginn der Kudugruppe an. „In der Savanne ist es auch üblich, sich zum Beispiel mit Straußen zusammenschließen, die können wegen ihrer Größe schneller Gefahren erkennen.“

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