Verkehr Tempo-30-Zone wird zu Rennstrecke - Schulkinder in Gefahr

Die Anwohner rund um die Rather Straße in Krefeld sind sauer auf die Stadtverwaltung. Deren Änderung der Vorfahrt gefährde vor allem Schulkinder.

Krefeld. Rund 30 Anwohner machten bei einem Ortstermin ihrem Ärger über die geänderte Vorfahrt an der Kreuzung Rather- /Alte Kemmerhofstraße Luft. Sie waren der Einladung von SPD-Ortsvereinsvorsteher Thomas Jansen gefolgt, um mit ihm und Bezirksvorsteher Wolfgang Merkel am Ort des Unmuts über Lösungsmöglichkeiten zu diskutieren.

Verkehr: Tempo-30-Zone wird zu Rennstrecke - Schulkinder in Gefahr
Foto: A. Bischof

Die Anwohner kritisieren unisono, dass vor ihrer Haustür eine Rennstrecke entlang der Rather Straße entstanden sei, seitdem die Stadtverwaltung die Vorfahrt zugunsten der Rather Straße geändert hat. „Diese Regelung ist viel gefährlicher als vorher“, klagt Ingrid Heinemann von der Alten Kemmerhofstraße. „Es ist ein Wunder, dass noch keine schweren Unfälle passiert sind.“ Sie kritisiert eine Gefährdung aller Verkehrsteilnehmer, vor allem aber der Schulkinder.

Als ob es noch eines Beweises bedurft hätte, biegt ein Mercedes mit quietschenden Reifen um die diskutierende Gruppe herum in die Rather Straße ein und beschleunigt mit einem „Kavaliersstart“ und röhrendem Motor auf weit mehr als 50 Kilometer pro Stunde. Tempo 30 ist erlaubt.

Jansen beschreibt die Situation: „Viele halten sich nicht an die Geschwindigkeitsregelung von 30 Kilometern pro Stunde. Außerdem gibt es kaum Bürgersteige — weder an der Rather- noch an der Alten Kemmerhofstraße. Auch Geschwindigkeitskontrollen haben nichts gebracht.“ Anwohner Klaus-Dieter Bolze bestätigt das und beklagt außerdem den Missbrauch der Wohnstraße als Durchfahrtstrecke des Schwerlastverkehrs.

Was Jansen und die Mehrheit der Anwohner ärgert, ist die „Nacht-und-Nebel-Aktion“ der Stadtverwaltung, in der die Vorfahrt geändert wurde, ohne sie zuvor anzukündigen und die Meinung der Betroffenen einzuholen. Die angebrachten Spiegel seien oft beschlagen, zu klein und verzerrten die Sicht. Außerdem rücke die Stadtverwaltung keine Unfallzahlen heraus, mit denen sie ihre Änderungsaktion rechtfertige. „Wir misstrauen dieser Aussage ohne Beweise“, sagt Jansen.

Merkel spricht von einer „Auto-Vorrang-Politik von Uerdingen nach Hüls“. Die Strecke werde von vielen Berufstätigen, die im Chemiepark, bei Siemens oder anderswo arbeiten, als Schleichweg benutzt. Das gelte auch für die nur für Anlieger offene Maria-Sohmann-Straße in Richtung Hüls. Zu den Berufs- und Schichtwechselzeiten werde die Rather Straße stark befahren und zur Rennstrecke.

„Die Geschwindigkeit muss runter“, fordert Jansen eine Verkehrsberuhigung und erhält zustimmendes Kopfnicken. Er schlägt vor, den Verkehrsfluss durch sogenannte Nasen, Einbuchtungen, versetzte Parkstreifen oder Verkehrsinseln bewusst zu stören und zu verlangsamen. Das geht Ingrid Heinemann noch nicht weit genug: „Die einzig sinnvolle Lösung wäre ein Kreisverkehr, dann hört die Raserei sofort auf.“ Dieser Vorschlag kommt auch bei den Mitdiskutierenden an.

Verworfen wird hingegen eine Rückkehr zur vorherigen Lösung. „Das hilft gar nichts“, weiß Irmgard Holthaus aus eigener Erfahrung. Sie bewohnt den historischen Schmithof an der Kreuzungsecke und verweist auf die vielen Lackspuren an ihrer Mauer, die zumeist Großfahrzeuge dort hinterlassen haben.

Inge Ramdohr, die das gegenüberliegende Haus bewohnt, beschwert sich darüber, dass der Fachbereich Tiefbau den Rückschnitt ihrer Hecke fordere, weil die Rather Straße von der Alten Kemmerhofstraße aus kaum einsehbar ist. Sie will die Hecke erhalten, weil sie Schutz gegen Lärm, Schmutz und vor Einsicht bietet. Sie habe sich vor dem Bau ihres Hauses vergewissert, dass ein solcher Schutz erlaubt sei. Im Übrigen habe die Stadt 1976 die Alte Kemmerhofstraße als Sackgasse mit einem Wendehammer geplant, das Vorhaben aber nie umgesetzt.

„Wir wollen heute ein Stimmungsbild aufnehmen und die Vorschläge daraus mit in die nächste Sitzung der Bezirksvertretung am 12. Oktober nehmen“, zieht Jansen ein Fazit der kontroversen, lebhaften Diskussion. „Immerhin sind sich alle politischen Fraktionen einig, dass der jetzige Zustand nicht haltbar ist“, ergänzt Merkel. Üblicherweise kämen Politik und Stadtverwaltung im Gespräch meist überein. In diesem Fall habe es wohl ein Kommunikationsproblem gegeben.

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