Polizei-Einsatz in Krefeld Ermittlungen gegen Polizistin nach Schlägen gegen Tatverdächtigen

Krefeld · Der Einsatz an der Hubertusstraße – was wir zu dem Fall wissen und was nicht.

 Das Foto zeigt einen Screenshot des Videos zum Polizeieinsatz an der Hubertusstraße, das im Internet kursiert.

Das Foto zeigt einen Screenshot des Videos zum Polizeieinsatz an der Hubertusstraße, das im Internet kursiert.

Foto: wz/privat

Der Polizeieinsatz wegen Brandstiftung an der Hubertusstraße am Samstag hat ein Nachspiel. Auch deshalb, weil ein Video von Teilen des Einsatzes, aufgenommen von einer Nachbarin, Kritik in den Sozialen Medien hervorruft.

Die Polizei hat zur Erforschung der Brandursache einen Sachverständigen eingeschaltet. Bereits am 29. September hatte es in dieser Wohnung gebrannt, weshalb sie seitdem unbewohnbar war. Die Krefelder Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen eingeleitet.

Auslöser für den Polizeieinsatz

Eine Passantin hatte die Polizei gerufen, weil sie lautes Schreien eines Mannes aus der Wohnung und Hilfeschreie einer Frau gehört haben will, und häusliche Gewalt vermutete. Zeitgleich hatten Anwohner der Straße die Feuerwehr alarmiert, weil aus der unbewohnten Wohnung Qualm drang. Laut Polizei brannte bei deren Eintreffen Müll in der Wohnung. Deshalb wollten Polizeibeamte, die vor der Feuerwehr eintrafen, die beiden Personen zu ihrem eigenen Schutz aus der Wohnung bringen. Während die Frau die Wohnung eigenständig verließ, habe sich der Mann geweigert, sich aus dem Griff eines Beamten losgerissen und sei zurück in die Wohnung gekehrt. Dort habe er etwas in die Flammen geworfen. Als er etwas später zurück zur Tür kam, habe er eine längere, metallische Greifzange in der Hand gehalten, mit der er nach den Beamtinnen und Beamten schlug. Sie ergriffen ihn, um sein erneutes Betreten der brennenden Wohnung zu verhindern. Daraufhin wurde der Mann aggressiv, schlug und spuckte um sich. Drei Beamte versuchten, ihn festzuhalten, was ihnen nicht gelang. Es gab ein Gerangel, in dessen Verlauf der Mann das Reizgas eines Beamten ergriff, das heruntergefallen war. Noch bevor er es einsetzen konnte, hätten die Einsatzkräfte ihm das Gas und die Zange entrissen und ihn zu Boden gebracht.

Was das Video zeigt

In dem eine Minute und 37 Sekunden langen Video ist nur die Festnahme vor der Tür zu sehen, in der zwei Beamte und eine Beamtin versuchen, den sich der Festnahme stark wiedersetzenden Mann zu Boden zu kriegen. Er reißt sich los, spuckt in Richtung der Polizisten. Dann kommt eine vierte Beamtin hinzu, die ihm insgesamt zehn Mal mit der Faust gegen den Kopf schlägt. Die Beamten drücken den Mann zu Boden, knien auf ihm und fixieren ihn.

Was sagt die Polizei zum Einsatz?

„Das Video zeigt das Ende der Festnahme“, sagt Pressesprecherin Karin Kretzer. Der Mann sei sehr aggressiv aufgetreten, habe drinnen schon in Richtung der Beamten geschlagen. Auch innerhalb der Krefelder Polizei seien die Meinungen zu dem Vorgehen der Beamtin unterschiedlich. „Deshalb ist es in unserem ureigenen Interesse, den Sachverhalt vollständig aufzuklären.“

Wann darf ein Polizist Gewalt anwenden?

Nach Rechtslage reicht es aus, dass ein Betroffener einer polizeilichen Anordnung nicht nachkommt. „Das erleben unsere Beamten täglich“, erklärt Kretzer. In dem Falle der mutmaßlichen Brandstiftung wollten die Beamten das Paar zur Gefahrenabwehr aus der stark qualmenden Wohnung rausholen. „Die Flamme des brennenden Abfalls war 1,50 Meter hoch, so war Gefahr für alle gegeben“, so Kretzer. Andererseits wollten sie den Mann wegen schwerer Brandstiftung festnehmen und er habe sich gewehrt. Deshalb seien Zwangsmaßnahmen der Polizisten möglich und in dem gefilmten Fall sei diese Herangehensweise „die mildeste Form der Gewalt, des Festhaltens und Fixierens zur Durchsetzung der Maßnahmen“. Als nächste Stufen kommen laut Kretzer der Einsatz von Reizgas-Sprühgeräten, Body-Cam und an letzter Stelle das Ziehen einer Waffe. Wichtig sei nun, sachlich zu analysieren, zu bewerten und dann zu schlussfolgern, ob die Beamtin angemessen, verhältnismäßig und strafrechtlich zulässig gehandelt habe.

Ermittlungen der Justiz

Die Ermittlungen leitet die Staatsanwaltschaft Krefeld. In der Justiz gilt das Tatort-Prinzip. Dort, wo die Tat begangen wurde, wird durch die ansässige Staatsanwaltschaft auch ermittelt

Ermittlungen der Polizei

Eine landesweite NRW-Regelung schreibt vor, dass Beamte einer Behörde nicht gegen die eigenen Kollegen ermitteln in einem Fall möglichen strafbaren Verhaltens. Geübte Praxis ist, dass die Polizeibehörden Krefeld und Gelsenkirchen in diesen Fällen zusammenarbeiten – d.h. für den Vorfall auf der Hubertusstraße würden Polizeikollegen aus Gelsenkirchen ermitteln und umgekehrt bei Fällen in Gelsenkirchen. Dann, wenn die jeweilige Staatsanwaltschaft die Ermittlungen beauftragt.

Wie ist das weitere Verfahren?

Die Staatsanwaltschaft Krefeld hat ein Verfahren eingeleitet. Zuerst wird geprüft – gibt es einen Anfangsverdacht, bedarf es weiterer Aufklärung. Dazu werden Berichte und Aussagen bewertet – Sammeln von Informationen zum Vorgang. Bestätigt sich der Anfangsverdacht, wird ein Kollege der Staatsanwaltschaft mit den Ermittlungen betraut. In dem konkreten Fall hieß er: Strafvorwurf gegen Polizeibeamtin.

Wie ist der zeitliche Ablauf?

Das ist zwei Tage nach der Tat tatsächlich nicht zu beantworten. Oberstaatsanwalt Axel Stahl sagt: „Das wird sicher ein paar Tage dauern, alles andere ist spekulativ. Aber alle sind bemüht, das so zügig wie möglich anzugehen.“ Das sei man allen Beteiligten gegenüber schuldig. Es sei für Beamte eine unangenehme Situation, davon betroffen zu sein.

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