Wuppertal/Krefeld/Solingen Städte zahlen immer mehr für Nachhilfe

Zahlen aus den Städten Solingen, Wuppertal und Krefeld belegen: Die Ausgaben für die Lernförderung bedürftiger Kinder sind drastisch gestiegen.

Wuppertal/Krefeld/Solingen: Städte zahlen immer mehr für Nachhilfe
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Düsseldorf. Claudia Prosch wundert sich. „Ich denke, dass der Sozialstaat bei der Lernförderung von bedürftigen Kindern manchmal über das Ziel hinausschießt“, sagt sie. Prosch betreibt mit ihrem Mann in Solingen eine private Nachhilfeschule. Dass Kinder aus Hartz-IV-Familien in mehreren Fächern neben der Schule Nachhilfe in Anspruch nehmen, ist laut Prosch eher die Regel und nicht die Ausnahme. „Familien mit einem durchschnittlichen Einkommen können sich das aber kaum leisten.“

Guido Buß vom Jobcenter Solingen bestätigt, dass die Ausgaben bei der Lernförderung stark gestiegen sind. Waren es 2012 noch 57.000 Euro, so kletterte der Betrag 2015 auf knapp 466.000 Euro. „Meistens geht es um Mathe, Deutsch und Englisch“, berichtet Buß. „Es kommt oft vor, dass die Kinder in allen drei Fächern gefördert werden.“

Solingen zahlt für die professionelle Nachhilfe maximal 25 Euro je Stunde. Möglich sind bis zu 35 Stunden pro Schuljahr und Fach. Eine Beschränkung der Fächerzahl sieht das Gesetz nicht vor. „Nachhilfe-Kosten von mehr als 200 Euro pro Kind und Monat sind nicht selten“, so Buß.

Gesetzliche Grundlage der Lernförderung sind Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabepaket. Kinder, deren Eltern Hartz IV (Arbeitslosengeld II), Sozialgeld oder Sozialhilfe erhalten oder die den Kinderzuschlag oder Wohngeld beziehen, haben einen Anspruch auf das Bildungspaket. Voraussetzung ist, dass die Schule den Bedarf bestätigt und keine vergleichbaren schulischen Angebote bestehen. Die Kosten übernimmt weitgehend der Bund.

Andreas Kletzander vom Jobcenter in Wuppertal bestätigt den Trend zu steigenden Ausgaben. Nachdem es 2012 lediglich 155.000 Euro waren, stiegen die Kosten 2015 auf 1,9 Millionen Euro. Mit diesem Geld wurde die Lernförderung von 2650 Kindern und Jugendlichen finanziert. In Krefeld gab es eine Steigerung von 100.000 Euro (2012) auf 260.000 Euro im vergangenen Jahr. Anders als Solingen zahlen Krefeld und Wuppertal maximal 20 Euro pro Nachhilfe-Stunde.

Laut Kletzander gibt es auch in Wuppertal viele Kinder, die in mehreren Fächern Nachhilfe bekommen. Mathe, Deutsch und Englisch stehen erneut ganz oben. „Das Geld ist gut investiert“, sagt Kletzander. Er ist sicher, dass diese staatliche Leistung nicht über Gebühr in Anspruch genommen wird. „Ein guter Schulabschluss bildet schließlich die entscheidende Grundlage, um auf dem Arbeitsmarkt Chancen zu haben“, sagt Kletzander.

Obwohl sie mit ihrer Nachhilfe-Schule von der Förderung profitiert, hält Claudia Prosch Beschränkungen für sinnvoll. „Eine kleine Eigenbeteiligung wäre gut, um die Wertschätzung für die Nachhilfe bei den Kindern und ihren Eltern zu erhöhen“, sagt sie.

Wenn die Nachhilfe in der Prosch-Schule privat bezahlt wird, kostet der Unterricht in kleinen Gruppen 115 Euro pro Kind und Monat. Dafür gibt es vier Doppelstunden mit 90-minütiger Länge. Daraus errechnet sich ein Preis von 19,16 Euro pro Stunde. Das heißt: Der Staat gewährt der Schule eine höhere Vergütung als jene, die sich am freien Markt ergibt.

Bundesweit sind mehr als 4000 größere und kleinere Dienstleister aktiv. Zu den ganz großen Anbietern gehören die Schülerhilfe mit 1100 Standorten und der Studienkreis mit 1000 Niederlassungen. Bei den Preisen gibt es eine riesige Spanne von acht und 25 Euro je Stunde. Einzelunterricht ist mit 30 bis 40 Euro erheblich teurer.

Wer private Nachhilfe in Anspruch nehmen möchte, sollte mit professionellen Anbietern vor Vertragsabschluss Probestunden vereinbaren. Nur so können Eltern feststellen, ob ihr Kind klarkommt. Wichtig sind auch kurze Kündigungsfristen. Oft bieten die Regelschulen selbst Nachhilfeprogramme an. Es lohnt sich, dort nachzufragen, bevor privater Unterricht gebucht wird.

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