Stadtverwaltung: Viele ernsthaft kranke Mitarbeiter

Etwa ein Drittel aller Erkrankten fehlte im Jahr 2009 länger als 42 Tage.

Krefeld. Die Zahlen haben Brisanz, sind aber ziemlich gut versteckt — und zwar auf den Seiten 23 und 24 des Personalberichts 2008/09 der Stadtverwaltung Krefeld. Auf den ersten Blick sieht alles prima aus: Die Krankenquote, also der prozentuale Anteil der kranken Mitarbeiter, ist nach ihrem Höchststand im Jahr 2007 von 6,2 auf 5,84 Prozent im Jahr 2009 gesunken.

Doch schaut man sich die Differenzierung nach Krankentagen an, ergibt sich ein anderes Bild: Fast die Hälfte der erkrankten Mitarbeiter blieb vier bis 42 Tage zu Hause, rund ein Drittel fehlte sogar länger als 42 Tage. Rechnet man die Fehlzeiten auf die gesamte Belegschaft um, dann ergibt das einen eindrücklichen Wert: Jeder Mitarbeiter erkrankte somit im Jahr 2009 durchschnittlich an 20,67 Kalendertagen — das sind vier ganze Arbeitswochen.

Die langen Fehlzeiten lassen einen Schluss zu: Das Personal der Stadtverwaltung hat nicht mit Grippe oder häufigen Erkältungen zu kämpfen, sondern mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen und Burnout. Aber auch psychosomatische Beschwerden wie chronische Rücken- und Kopfschmerzen oder Herz-Kreislauf-Probleme können zu dauerhaften Krankschreibungen führen.

„Die Leute sind am Limit“, sagt Ralf Winters, Vorsitzender des Gesamtpersonalrats. „Das fällt uns in letzter Zeit verstärkt auf.“ Zum Beispiel in den sogenannten Eingliederungsgesprächen. Der Arbeitgeber ist gesetzlich dazu verpflichtet, Mitarbeitern, die länger als sechs Wochen krank waren, ein solches Rückkehrgespräch anzubieten. „Einige Kollegen berichten dabei, warum sie krank geworden sind. Und bei vielen finden sich erstaunliche Parallelen.“

Als Krankmacher würden zum Beispiel die steigende Belastung und der zunehmende Stress am Arbeitsplatz genannt, aber auch das schlechter werdende Arbeitsklima. Winters kennt Kollegen, die bereits sonntags zittern, weil sie am Montag zur Arbeit müssen. Immer mehr Leute wenden sich mit ihren Problemen an den Personalrat. „Wir bekommen auch mit, dass die Zahl der Überlastungsanzeigen steigt.“

Der Druck nimmt zu, weil in der Verwaltung massiv Personal abgebaut wurde, jetzt sollen weitere Stellen eingespart werden. Doch bereits Mitte 2010 waren acht Prozent aller Stellen nicht besetzt.

„Das geht auf die Quantität und Qualität der Arbeit — und zwar in allen Fachbereichen“, sagt Winters. „Die Verwaltung ist einfach nicht mehr in der Lage, alle Aufgaben in der Form wie früher zu bewältigen.“ Man müsse also über eine Verminderung der Service-Standards sprechen. „Doch da befinden wir uns noch ganz in den Anfängen.“

Wenn nichts passiert, sind die Konsequenzen verheerend. Die Sozialwissenschaftlerin Elke Ahlers schreibt gerade an ihrer Doktorarbeit zum Thema psychische Arbeitsbelastung. Sie weiß, wie sich permanenter Druck auswirkt: „Wenn kein Ende der Überbelastung in Sicht ist, werden einige Betroffene auf Dauer erholungsunfähig.“ Viele leiden zum Beispiel unter Schlaflosigkeit, manche unter Depressionen und Burnout. „Da wird eine fatale Spirale in Gang gesetzt, die zur Arbeitsunfähigkeit führen kann.“

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