Niepkuhlen - Dieter Patzwahl: "Stadt machte fatale Fehler bei Brückenpflege"

Dieter Patzwahl hat das Bauwerk an den Niepkuhlen unter die Lupe genommen: Eine Dickschichtlasur hat die Zersetzung des Holzes beschleunigt.

Krefeld. Wenn andere gepatzt haben, ist er der Mann der Wahl in Sachen Holz. Dieter Patzwahl ist gelernter Zimmerermeister und baut seit über 40 Jahren Brücken. „Mit sechs Jahren wusste ich schon, dass ich später wie mein Vater mit Holz arbeiten würde.“

Damals ahnt der Sechsjährige noch nicht, dass er später einmal 20 bis 30 Brücken im Jahr bauen wird. Sein Vater, ebenfalls Zimmerermeister, fällt im Krieg und kann seinem Sohn das Handwerk nicht selber beibringen.

Im Alter von 15 Jahren zieht Patzwahl von seiner Heimat Flensburg nach Düsseldorf, um dort eine Lehre zu beginnen. „Bei uns im Norden gab es keine Lehrstelle für mich. Die frühe Liebe zu meinem Beruf hat mich ins Rheinland verschlagen.“ Nach der Meisterprüfung zum Zimmerermeister im Jahr 1965, macht er sich ein Jahr später selbstständig.

In 46 Berufsjahren hat er viel erlebt: „Behörden wollen oftmals nicht die Wahrheit über den Zustand einer Brücke hören oder sind mit dieser überfordert. Meine Worte werden dann überhört. Sie wären ja mit Arbeit und Kosten verbunden“, sagt der Holzfachmann kopfschüttelnd.

„Laut DIN-Vorschrift 1076 muss die Verkehrssicherheit und Dauerhaftigkeit des Brückenbauwerks einer jährlichen Sichtprüfung, nach drei Jahren einer Zwischenprüfung und alle sechs Jahre einer Hauptprüfung unterzogen werden.“

Das Wichtigste bei jeder Brücke im Außenbereich sei die Folgepflege, hierfür müssten fünf bis sieben Prozent der Herstellungskosten pro Jahr angesetzt werden. „Wird die Brücke sich selbst überlassen, setzt der natürliche Prozess der Versumpfung ein. Die Natur holt sich ihr eigenes Produkt zurück.“

Galant schwingt sich der 69-Jährige über das Geländer auf die gesperrte Niepkuhlen-Brücke. Nach wenigen Augenblicken der Prüfung erfolgt die Diagnose: „Hier wurde ein schwerwiegender Fehler begangen. Es hat keinerlei Brückenpflege stattgefunden. Diese Brücke ist den gesamten Belastungen des Sees und Sumpfgebiets, wie Nässe und Schatten, ausgesetzt.“

Die Wahl des Materials sei zweitrangig. Bei regelmäßiger Pflege würden Eichen-Brücken zwar nicht so lange halten wie Bongossi-Brücken, aber bei einem konstruktiven Holzschutz hätte auch die eichene Niepkuhlen-Brücke zehn weitere Jahre gehalten.“

Patzwahl hält am ökologischen Holzbrückenbau fest: „Um Aluminiumbrücken herzustellen, wird so viel Energie wie für 100 Holzbrücken benötigt. Eine Stahlbrücke würde in dieser Landschaft wehtun“. Die von Wald umgebene Brücke hätte kontinuierlich mit Hochdruckreinigern und Stahlbesen von Algen und Moosen befreit werden müssen.

„Der Faulprozess hat bereits eingesetzt, da hilft nichts mehr. Die Versumpfung des Holzes führt zu Schimmelbildung. Normalerweise muss Holz atmen. Wie ich sehe, wurde beim letzten Anstrich des Geländers das falsche Produkt verwendet.

Eine Dickschichtlasur sieht für kurze Zeit schick aus, lässt aber keinerlei Atmungsaktivität zu. Die automatische Zersetzung des Holzes ist programmiert. Offenporige Lasuren fördern die Ausdunstung des Holzes und hätten eine Pilzbildung verhindert.“

Dieser Ratschlag kommt zu spät: Durch Braunfäule seien die Bohlen gerissen und völlig morsch. Die Oberkonstruktion erhält von dem Fachmann die Note fünf. Bodenfläche und Geländer müssten bei einer Sanierung ausgetauscht werden.

Patzwahl klopft auf einen Pfahl des Bodengerüsts: „Der Klang ist gut, das Holz lebt noch.“ Es kommt Hoffnung auf: „Die Pfahlgründung und die haupttragenden Balken sind gesund, die Brücke muss nicht abgerissen werden. Eine technische Überarbeitung kann eine neue Situation schaffen. Eine Sanierung kostet halb so viel wie ein Neubau.“

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