Katja Löhten: Eine Pionierin an der Pinne

Die 90-Jährige ist die wohl bekannteste Frau des Krefelder Segelsports. Bis vor zwei Jahren war sie noch auf dem Wasser unterwegs.

Dieser Schäkel erinnert Katja Löhten an ihre Zeit als aktive Seglerin.

Dieser Schäkel erinnert Katja Löhten an ihre Zeit als aktive Seglerin.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Es geht zu wie im Taubenschlag in dem gemütlichen Haus an der Vadersstraße. Freunde, Verwandte, Nachbarn, sie alle möchten Katja Löhten zu ihrem 90. Geburtstag gratulieren. Geschenke und Blumen stapeln sich am Freitag auf Tischen und Regalen. „Und dabei ist die eigentliche Feier erst morgen“, wundert sich die Jubilarin. 52 Gäste hat sie eingeladen, gefeiert wird ganz zünftig im Landgasthof Hückels May.

Ihre 90 Jahre merkt man Katja Löhten nicht an. In Blumen-Jeans und blauer Bluse wirbelt sie durch Wohnzimmer und Küche, bietet Sekt, Kaffee und Schnittchen an. „Meine Küche ist so klein wie auf einem Segelboot“, sagt sie, und es ist klar, dass sie sich genau in dieser Umgebung pudelwohl fühlt.

Katja Löhten ist die wohl bekannteste Frau des Krefelder Segelsports. Das Segeln ist ihre Leidenschaft, der Segelverein ihre Familie und der Sport das Geheimnis ihres jugendlichen Elans.

1924 wurde Katja Löhten in Neviges bei Velbert geboren. Während des Krieges arbeitete sie als Krankenschwester in einem Berliner Lazarett. Ein Patient lud die junge Frau zum Segeln auf den Stößensee ein. Sie war sofort fasziniert von Wind und Wasser. Anfang der 50er Jahre segelte sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Günther. „Unser erstes Boot war eine kleine Jolle“, erinnert sich Katja Löhten. 1957 trat sie der Krefelder Seglervereinigung 1933 bei und gehörte bald zu den ersten Krefeldern, die sich auf die ferneren Reviere in Nord- und Ostsee wagten. Als Frau stellte sie ganz emanzipiert eine Männerdomäne auf den Kopf. „Ich habe kämpfen müssen“, gibt sie zu.

1969 legte sie ihre Prüfung als Ausbilderin ab. Die Prüflizenz behielt sie bis zum 78. Lebensjahr, zehn Jahre länger als üblich. Wie viele Segelschüler sie ausgebildet hat, weiß sie gar nicht. „Ich habe es nie gezählt. Es waren sicher mehr als 1000.“

Ihre wertvollsten Auszeichnungen hängen an der Wohnzimmerwand: Die goldene Ehrennadel für außergewöhnliche Verdienste um den Segelsport, verliehen vom Seglerverband NRW, und die Bundesverdienstmedaille von Bundespräsident Horst Köhler. Brenzlige Situationen auf See hat die Grande Dame des Segelns öfters erlebt. „Einmal habe ich mir sechs Rippen bei einem Sturm gebrochen“, erzählt sie. Unvergessen auch der Doppelmord in der Karibik. Auf ihrer Lieblingsyacht Apollonia wurden 1981 ein Krefelder und seine Freundin auf hoher See erschossen (die WZ berichtete).

Bis vor zwei Jahren segelte Katja Löhten noch. Heute sorgt sie mit Tai Chi für eine stabile Gesundheit und hält sich mit der Arbeit in ihrem Garten fit. Ihren Führerschein hat die 90-Jährige vor zwei Wochen abgegeben. „Ich kann beim Tai Chi nicht mehr auf einem Bein stehen, ohne zu wackeln. Da wurde es wohl Zeit“, erklärt Katja Löhten. „Immerhin bin ich 70 Jahre lang unfallfrei gefahren.“

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