Gartenstadt im Wandel: Vom Flugplatz zum Wohngebiet

Im Jahr 1953 beschäftigte sich die Verwaltung erstmals mit den Plänen für das Gebiet.

Krefeld. 1953, acht Jahre nach dem Krieg: Die Wohnungsnot in der von Bombenangriffen schwer gezeichneten Stadt Krefeld war immens. Fast drei Viertel aller Wohnungen waren beschädigt oder zerstört.

Im Rathaus, damals residierte dort noch Oberbürgermeister Johannes Hauser (CDU), beschäftigte sich die Verwaltung erstmals mit den Bebauungsplänen der städtischen Wohnstätte für das Gelände des ehemaligen Flugplatzes Bockum. Schon bald darauf rollten auf dem 90 Hektar großen Grundstück die Bagger an.

Hanns Lunkebein war damals unter den ersten, die sich im neuen Viertel häuslich niederließen. Mit Frau und Sohn bezog er 1956 eine 70 Quadratmeter große Wohnung in Gartenstadt — für 85 Mark Monatsmiete. Das Buch „Unsere Gartenstadt“ schildert seine Erlebnisse. „Straßennamen gab es noch nicht. Unsere Postadresse lautete: Krefeld Verberg, Block 4, Haus 2“, wird Lunkebein zitiert. Der Einzug sei dramatisch verlaufen. „Es gab nur aufgeweichte, lehmige Baustraßen, die unserem Möbelwagen beim Antransport unserer Habseligkeiten mächtig zu schaffen machten.“

Die ersten Nächte im neuen Zuhause seien mächtig aufregend gewesen. „Da die Beschläge noch fehlten, war die Haustüre nicht abschließbar. So kann man sich den Wilden Westen vorstellen.“

Im Jahr 1962 bekamen die Zugezogenen schließlich eine neue Adresse. Der Stadtrat unter Leitung von Oberbürgermeister und CDU-Politiker Herbert van Hüllen hatte beschlossen, den neu entstandenen Stadtteil Gartenstadt zu nennen. Ein Jahr später war der erste Bauabschnitt mit 731 Wohnungen für über 6000 Bürger fertiggestellt.

Zu den besonderen Beschwernissen in den Anfangsjahren von Gartenstadt gehörte die Versorgung mit dem Allernotwendigsten. In „Unsere Gartenstadt“ berichtet Familie Hoenen aus den Anfängen. Damals gab es kein einziges Geschäft. „Auch die Mütter mit Kleinkindern mussten zum Einkaufen zu Fuß nach Bockum oder Uerdingen.“

Bevor die Geschäfte auf dem Insterburger Platz gebaut wurden, gab es eine Zwischenlösung, über die die Familie Stockhausen berichtet: „. . . die beschwerliche Situation wurde gemildert durch Geschäftsleute, die mit Kleinbussen Lebensmittel nach Bestellung einmal wöchentlich lieferten, zweimal in der Woche Brot und Backwaren anboten und später auch Obst, Kartoffeln und Gemüse. Der Milchmann, Herr Evertz, fuhr jeden Tag durch das Neubaugebiet. Familie Stachelhaus hatte einen privaten Bierverkauf.“

Bis 1966 zogen weitere rund 1000 Bürger in den Krefelder Norden. Der Uerdinger Chemiekonzern Bayer errichtete für seine Mitarbeiter 202 Werkswohnungen und 52 Eigenheime. Dann, 1966, bekam Gartenstadt einen neuen Nachbarn. Nördlich des Stadtteils entstand Elfrath. Erst 1988 wurde die vierspurige Nordtangente fertiggestellt. Die damit verbundene Trennung beider Neubausiedlungen birgt bis heute Konfliktpotenzial. Auch die Autobahn A 57, das Kreuz Krefeld Nord wurde im Oktober 1972 eröffnet, schränkte die Lebensqualität ein. Dagegen kam es am 18. Oktober 1972 zu ersten Protesten. Gartenstädter Bürger besetzten das Autobahnkreuz. Ohne Erfolg. Lärmschutzwände wurden erst zwanzig Jahre später, 1992, errichtet.

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