Kirche St. Heinrich feiert 100. Geburtstag

Die Kirche ist mit Ihrer Vielfalt Sinnbild für den Kampf eines modernen Architekten gegen ein konservatives Generalvikariat.

Krefeld. Über dem Hauptportal steht es geschrieben: Die Kirche St. Heinrich wird 100 Jahre alt. Eine alte Stahlglocke vor dem Eingang ist hingegen Zeugnis der wechselvollen Geschichte dieses besonderen Gotteshauses. Die St. Heinrichskirche wurde am 11. Juli 1915 in Uerdingen vom Kölner Erzbischof Kardinal Felix von Hartmann eingeweiht. 100 Jahre später findet an genau diesem Tag der Festgottesdienst statt.

Franz Kopecky hütet eine alte Festschrift zur Einweihung des Gotteshauses wie seinen Augapfel. Dort heißt es: „Im Februar 1909 erließ der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst in München im Namen des Kirchenbauvereins der katholischen Gemeinde Uerdingen unter den Architekten deutscher Zunge einen Ideenwettbewerb zur Erlangung künstlerischer Entwürfe für eine zweite Pfarrkirche nebst Pfarrhaus.“

Franz Kopecky arbeitete 34 Jahre als Küster an St. Heinrich, kennt jeden Stein dort. „In dieser Kirche finden sich die unterschiedlichsten Kunstrichtungen“, erzählt er. „Das mächtige Gewölbe des romanischen Grundbaus birgt Ornamente im Jugendstil der Jahrhundertwende, klassizistische Anleihen bei der Inneneinrichtung korrespondieren mit rundbögiger Romanik in der Fenstergestaltung.“

Dieses scheinbar künstlerische Wirrwarr sei Zeugnis eines erbitterten Kampfes, den der modern eingestellte Frankfurter Architekt Rummel, der die Baupläne nach 1909 erarbeitete und dem konservativ eingestellten Generalvikariat in Köln, das sie zu genehmigen hatte, führte. Kopecky: „Bevorzugte Rummel einen hohen Kirchensaal, bestand das Generalvikariat auf Seitenschiffe. Konzipierte Rummel im damaligen modernen Jugendstil, verzichtete die Kirchenverwaltung nicht auf die mittelalterlichen Elemente. Die Kompromisse fallen auf.“

Die reichen Uerdinger Großindustriellen sorgten dafür, dass die Kirche an der Heinrich-Theißen-Straße im Einweihungsjahr komplett war — mit vier Bronzeglocken, Orgel und schweren eichenen Beichtstühlen. 1917 wurden die Glocken abgenommen und für Kriegszwecke eingeschmolzen. 1924 traten Stahlglocken an ihre Stelle, die nach 80 Jahren ebenso gerissen und marode waren, wie ihr Gerüst. Eine wurde im Gedenken an schwere Zeiten vor das Portal gestellt. „In den 90er Jahren waren wir drei Jahre ohne Geläut. Aus der entwidmeten Kirche in Fichtenhain bekamen wir dann die vier Bronzeglocken; eine fünfte haben wir selbst gießen lassen.“ Dieses Geläut wird zum Festgottesdienst besonders schön erklingen.

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