Mission im Uerdinger Hafen
Mehrmals im Monat legen Pastor Frank Wessel und sein Team mit dem Kirchenboot Johann Hinrich Wichern in Krefeld an.
Krefeld-Uerdingen. Die Sonne spiegelt sich in der Schiffsglocke aus Messing, die Flagge der Seemannsmission flattert sacht im Wind. Routiniert steuert Schiffsführer Hans Debrassine die Johann Hinrich Wichern durch den Uerdinger Hafen. Pastor Frank Wessel lehnt am Eingang zum Steuerhaus und blickt aufs Rheinufer. An Land hebt ein Arbeiter grüßend die Hand, Wessel grüßt freundlich zurück.
Seit 20 Jahren ist Wessel mit dem Kirchenboot in den Häfen entlang der Rheinschiene unterwegs, mehrmals im Monat besuchen er und sein Team auch den Uerdinger Hafen, um auf einen Plausch bei den Binnenschiffern vorbeizuschauen und ihnen ihre Unterstützung anzubieten.
„Wenn der Mensch nicht zur Kirche kommt, muss die Kirche zu dem Menschen kommen“, beschreibt Wessel in den Worten des Theologen Johann Hinrich Wichern, von dem das Kirchenboot seinen Namen hat, seine Aufgabe. „Binnenschiffer leben und arbeiten am selben Ort — auf dem Wasser. Am Leben an Land nehmen sie kaum teil“, erklärt er. Zumal die Devise schneller, weiter und billiger auch in der Schifffahrt gelte.
„Früher lag ein Schiff vier bis fünf Tage im Hafen, bis die Ladung gelöscht war. Mittlerweile ist das in wenigen Stunden erledigt“, sagt Wessel. Bleibe ein Schiff trotzdem über Nacht am Liegeplatz, habe die Besatzung oftmals gar nicht die Möglichkeit, den Arbeitsplatz zu verlassen, da Hafenbetreiber das Gelände über Nacht schließen, um Unbefugten den Zutritt zu verwehren. „Außer natürlich, die Besatzung kennt ein Loch im Zaun.“
Der Zeitdruck zeigt sich auch in den Gesprächen, die der Pastor führt. Seine Gemeindemitglieder sind direkt und kommen sofort auf das Problem, das sie beschäftigt, zu sprechen, wenn das Kirchenboot bei ihnen anlegt. Wirtschaftlicher Druck und familiäre Situation sind Themen, um die sich die Gespräche häufig drehen. „Etwa wenn das Kind ins schulpflichtige Alter kommt und Eltern sich entscheiden müssen, ob die Frau mit dem Erstklässler an Land bleibt oder der Nachwuchs ein Schifferkinderheim besuchen soll“, berichtet Wessel. Ratschläge gibt er in solchen Fällen ungern. „Meist haben die Ratsuchenden bereits eine Lösung im Kopf. Wir unterstützen sie nur dabei, zu einem Ergebnis zu kommen.“