Magazin-Schätze: Das Jahr ist um, die Seife ist alle

Zu den Magazin-Schätzen zählt eine 250 Jahre alte Rasierschale.

Krefeld. Die Schüssel ist reich verziert, an einer Stelle hat der Rand eine ungewöhnliche Aussparung. Der Töpfer hat es den Historikern leicht gemacht und die Jahreszahl 1764 auf seinem Werk hinterlassen. Bei diesem Schatz aus dem Magazin des Museums Burg Linn handelt es sich um eine 250 Jahre alte Rasierschale.

Das seltsame Loch im Rand ist für den Hals des Kunden gedacht. Dann kann der Barbier ihn kommod behandeln, und weder Seifenschaum noch Bartstoppeln geraten auf die Kleidung. Was der Barbier sonst noch zur Verrichtung seiner Arbeit braucht, hat der Töpfer auch auf der Schale abgebildet. „Für diese Details gab es Vorlagen“, sagt Museumschef Christoph Reichmann. Kamm und Spiegel, Rasiermesser und Schere sind in schönen Farben gezeichnet und in den Ton eingebrannt.

Das Handwerkszeug befindet sich auf dem Rand — in der Mitte sieht man den Barbier selbst, mit einer Tonpfeife und in barocker Festtagskleidung. Kurios sind seine Hände, denn sie sehen aus wie Füße — was aber wohl nicht die Fingerfertigkeit des Barbiers in Frage stellt, sondern eher auf die künstlerische Ader des Töpfers verweist. Da hat er wohl zur falschen Vorlage gegriffen.

Auch einen Namen hat der Kunsthandwerker hinterlassen: Ioachim Heesen. In den Rand des Seifenschälchens hat er noch einen weiteren Satz geschrieben: „Itm het iaer is om — min sep kost gel.“ Was so viel heißen soll wie: „So ist das Jahr um, und meine Seife kostet Geld“. Die Inschrift wurde eben nur sichtbar, wenn die Seife aufgebraucht war.

Die Schale ist auf ihrer Oberseite in einem gelblichen Ton gearbeitet, die Motive unter der Bleiglasur sind rotbraun, grün und beige. „Solche Schalen wurden in großer Stückzahl hergestellt“, sagt Museums-Vize Christoph Dautermann. „Es handelt sich wohl um Bauerntöpferei aus der Gegend.“ Töpfereien mit solchen Stücken gab es von Sonsbeck bis Hüls in großer Zahl.

Die Schale hat ihre 250 Jahre nicht ganz unbeschadet überstanden. Ein Teil ist einst herausgebrochen und wurde wieder eingefügt. Die Unterseite weist mehrere Marken auf. Durch mindestens fünf Magazine ist die Schale gewandert, bis sie im Museum Burg Linn landete. Die Marken sind nicht zuzuordnen: „Über die Herkunft wissen wir nicht genau Bescheid“, sagt Dautermann.

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