Frettchenfutter für die flinken Räuber

Eine Spezialmischung aus der Rheinstadt macht Raubtiere in ganz Europa glücklich.

Frettchenfutter für die flinken Räuber
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Die Erfolgsgeschichte beginnt mit einem Todesfall. Einen Monat lang hat es Dietmar Hanke (52) ausgehalten, als der Familien-Husky gestorben war. Dann sah er ein, dass die tierlose Zeit ein Ende haben musste, und ging in den Zoohandel. Irgendetwas Gefiedertes sollte Leben in den Haushalt ohne Hund bringen, aber Vögel waren gerade alle ausverkauft. Stattdessen erregten die wilden Frettchen in ihrem Auslauf seine Aufmerksamkeit. Die beiden waren allerdings ziemliche Stinker — unkastriert. Hanke entschied sich nach einer Woche Bedenk- und Recherchezeit für drei geruchsarme, weil kastrierte, Tiere von der Frettchenhilfe. Kimi, Kiki und Kaki. „Als sie das erste mal bei uns im Wohnzimmer rumliefen, war das viel besser als jeder Spielfilm“, erinnert er sich. Von der neuen Karriere, die sich dadurch für den EDV-Spezialisten auftat, ahnte er da noch nichts.

Ausgangspunkt für das neue Geschäftsmodell war, als er im Fachgeschäft nach Frettchenfutter fragte: „Gib ihnen einfach Katzenfutter, das fressen die auch.“ Die gleichgültige Antwort machte Hanke stutzig. Er stürzte sich wieder in die Recherche. „In der Natur kommen Frettchen nicht vor, sie sind eigentlich domestizierte Iltisse. Aber gäbe es sie, würden sie Mäuse, Vögel, Frösche und sogar Kaninchen fressen“, sagt Hanke. Der Verdauungstrakt der Frettchen ist also auf Beutetiere ausgelegt. Im Klartext: Fleisch, Fett und Eiweiß. Den hohen Anteil pflanzlicher Bestandteile in normalem Trockenfutter können die flinken Räuber gar nicht verwerten. Im Gegenteil, häufig werden die Tiere träge, krank, im schlimmsten Fall sterben sie vorzeitig.

Zusammen mit Lebensgefährte Ricky Colesio (34) entwickelte Hanke ein speziell auf Frettchenbedürfnisse angepasstes Futter. Ein Werk in England erklärte sich bereit, es zu produzieren. Problematisch war nur die Mindestabgabemenge. An 500 Kilo Futter können drei Frettchen lange knabbern - bei durchschnittlich 30 Gramm Nahrungsaufnahme pro Tag und Frettchen. Den größten Teil nahm die neugegründete Frettchenhilfe Krefeld ab. Den Rest boten sie im Internet an — die Geburtsstunde von „Frettchen for you“.

Heute bieten die emsigen Uerdinger ihren 7000 Kunden in ganz Europa Futter in drei Qualitätsstufen an. Und demnächst wollen sie auch ein Katzenfutter auf den Markt bringen, hochwertig und wirklich nur für Katzen. Sie beliefern Händler in St. Petersburg und Prag, in Minsk und Madrid, in Riga und in Kopenhagen. Und die privaten Frettchenhalter, die zwischen all diesen Städten wohnen.

Ihre Firma entstand zu einem Zeitpunkt, als sich vor zehn Jahren in Deutschland erstmals so etwas wie ein Frettchenmarkt entwickelte. Das Unternehmen — angefangen hat alles in der Gartenlaube der Eltern — expandiert seither beständig. Demnächst steht der dritte Umzug an. Ab Januar sitzt das Unternehmen auf 350 Quadratmetern Hallen- und 150 Quadratmetern Bürofläche im Gewerbepark Nord an der Adolf-Dembach-Straße. Dann wird auch endlich von manueller auf maschinelle Verpackung umgestellt.

„Aber das Wichtigste sind für uns immer die Frettchen“, sagt Hanke. Sechs Stück leben zur Zeit bei ihnen. „Ich muss immer eins zum Knuddeln um mich herum haben. Wir haben letztens ohne die Tiere Urlaub auf Island gemacht, da habe ich richtig gelitten.“ Tollpatschig, neugierig, verspielt und verschmust seien die Fellknäuel und haben so die Herzen der Beiden erobert. Wenn irgendwo auf der Welt ein Frettchen in Not gerät und Hanke davon erfährt, schickt er sogar Care-Pakete. Dabei kann die Liebe zu ihnen durchaus schmerzhaft sein. Hankes Vollbart halten sie nämlich für das Fell eines anderen Frettchens, in das sie beim Schmusen gerne herzhaft hineinbeißen. „Auch mein Ohrläppchen haben sie schon einmal getackert“, sagt er. Echte Liebe hält das aus.

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