Ein neuer Anstrich für Jesus

Zwei Maler-Gesellen haben die Krippe aus der Kirche St. Margareta im Museum Burg Linn restauriert. Die historischen Figuren waren viele Jahre lang verschollen.

Krefeld. Ein ziemlich demolierter Hirte wartet darauf, dass ihm der Kopf wieder zurecht gesetzt wird. Die Arme dagegen werden ihm wohl weiterhin fehlen. Christian Snellen und Julia Bräuer sind zwar mit einer ganzen Palette an Farben, Pinseln, Tüchern und auch ein paar Gips-Portionen angereist. Doch sie wollen die alten, lange verschollenen Krippen-Figuren aus der Linner Pfarrkirche St. Margareta eben "nur" restaurieren - ihnen aber keine ganz neuen Teile ankleben.

Im Foyer des Museums Burg Linn haben die beiden Krefelder Malergesellen ihre mobile Werkstatt aufgebaut. Schon im vergangenen Jahr haben sie dort vor den Augen der interessierten Besucher ramponierte Schafe, Hirten, den Joseph, drei Könige, fünf Schafe und den Ochsen wieder originalgetreu auf Vordermann gebracht. Gefehlt hatten jedoch das Jesuskind und die Maria.

Dank einer Linnerin, die sich auf einen früheren WZ-Bericht gemeldet hatte, können die beiden Handwerker in diesem Jahr auch der Kopie eines kleinen Jesus einen ordentlichen Anstrich verpassen. Die Leserin hatte eine gipserne Krippenfigur als Vorlage für einen passenden Abdruck zur Verfügung gestellt.

Zudem kommt in diesem Jahr eine zierliche Maria unter den Pinsel. Helmi Busch hat sie in Kevelaer ergattert. Sie passt gut, auch wenn sie nicht das Alter der übrigen Figuren hat. Der Leiter des Museums Burg Linn, Christoph Reichmann, schätzt deren Entstehung auf 1890.

Dass die Krippe und die meisten der dazugehörigen Figuren überhaupt wieder aufgetaucht sind, ist einem großen Zufall geschuldet: Bei Renovierungsarbeiten stieß der Linner Malermeister Günther Busch 1993 auf die verstaubten Gipsfiguren, die in einer Nische der Kirche St. Margareta eingemauert waren. Das letzte "Lebenszeichen" dieser Gipskrippe war ein Zeitungsfetzen aus dem Jahr 1927.³

Wieder ans Tageslicht gekommen, landete sie zuerst im Keller von Kurt Krebber, dem Küster von St. Margareta. Später zog sie um in den Keller von Malermeister Günther Busch. Bis Reichmann von ihrer Existenz erfuhr. Bei einer Besichtigung zeigte er großes Interesse an den alten Stücken, denn ihm war sofort klar: "Solche Krippen stammen üblicherweise aus den großen Gipsfiguren-Gießereien in und um Kevelaer."

Durch die Restaurierung sollen die historischen Figuren bald wieder voll zur Geltung kommen. Zwei Krefelder Maler-Meister - Ingo Pawlowski und Stefan von der Hocht - waren sofort bereit, jeweils einen Mitarbeiter zu Hilfe zu schicken. Und so haben sich Christian Snellen und Julia Bräuser auch in diesem Jahr wieder den kostbaren Stücken angenommen.

Warum die alte Krippe aber in einer Nische der Kirche eingemauert worden war, weiß heute keiner mehr so recht. Möglicherweise war es der Reformeifer des früheren Linner Pfarrers Schagen, der die Gips-Krippe um 1927 in der Margarethenkirche hinter einer dicken Mauer verstecken ließ. Der Grund für die Ablehnung? Museumsdirektor Reichmann weiß, dass die Volkskunst von um 1850 vor 80 Jahren in der katholischen Kirche als "zu kitschig und zu bunt" verpönt war.

Während die Figuren der früheren Barock-Krippen nämlich meist nach ihrer Zeit gekleidet waren, erhielten die Gips-Krippen nach 1850 eine historisierende Ausstattung im Orient-Stil - oder was man sich eben darunter vorstellte. So sind die Gewänder in kräftigen Farben gehalten, bei den drei Königen kommt Gold dazu.

Pfarrer Schagen konnte sich in Linn im Übrigen nicht lange halten. Aber die Krippe blieb seitdem verschwunden.

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