Totenstille statt letztes Geläut

Auf einigen Friedhöfen schweigen die Glocken. Die Stadt kann die Reparatur nicht zahlen.

Totenstille statt letztes Geläut
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Das Läuten der Glocken bei einer Beerdigung ist ein Ritus, der den Angehörigen Trost spenden und dem Abschied einen würdigen Rahmen verleihen soll. Im vergangenen Jahr war das auch auf dem Hülser Friedhof so — bis das Glockenseil während einer Trauerfeier riss. „Seitdem schweigt die Glocke“, sagt der Hülser Pfarrer Paul Jansen. Er schaltete das zuständige Friedhofsamt ein. Das beauftragte eine Eifler Glockengießerei damit, den Schaden zu begutachten.

Im der WZ vorliegenden Kostenvoranschlag heißt es, die Armatur sei so stark verrostet, dass akute Absturzgefahr bestehe. Die Kosten für die Überholung des Geläuts beziffert das Unternehmen auf 5227,65 Euro. Größter Posten sind die Montagekosten mit 2600 Euro.

Das Angebot ging beim zentralen Gebäudemanagement im Dezember vergangenen Jahres ein, ein Stempel belegt, dass die Rechnung im März dieses Jahres geprüft wurde. Seitdem hat Jansen nichts mehr von der Verwaltung gehört. Er befürchtet, dass angesichts der klammen Haushaltssituation der Stadt auf Ersatz oder Reparatur verzichtet werden soll.

Da inzwischen auch auf den Friedhöfen in Oppum, Uerdingen und Gellep-Stratum die Glocken schweigen, sinken die Chancen für die Hülser, dass demnächst bei Beerdigungen eine Totenglocke läutet. „Es gilt, entweder alle oder keiner“, sagt Jansen. Auf Nachfrage bestätigt die Verwaltung der WZ, dass für den Erhalt der Glocken keine Mittel zur Verfügung stehen.

Der Oppumer Pfarrer Hans Russmann erfuhr kurz vor einer Beerdigung von Friedhofsmitarbeitern, dass die Glocken aus Sicherheitsgründen nicht mehr erklingen dürfen. „Das ist eigentlich kein haltbarer Zustand für die Friedhofskultur“, sagt Russmann — auch vor dem Hintergrund, dass die Bürger Friedhofsgebühren zahlen. Pfarrer Christoph Zettner von der Uerdinger St.-Nikolaus-Gemeinde hat Verständnis für die Haltung der Stadt. „Es ist besser, an einer Glocke zu sparen, als im sozialen Bereich“, sagt er.

Jetzt überlegen Teile der Uerdinger Bürgerschaft, selber für den Erhalt der Glocke ins Portemonnaie zu greifen. Die ursprünglich auf 2500 Euro geschätzten Kosten wollte Bestattungsunternehmer Hans Zecher aus eigener Tasche beisteuern, ein neuer Kostenvoranschlag sieht 4000 Euro vor. Jetzt sucht Zecher weitere Mitstreiter im Quartier.

Pfarrer Jansen aus Hüls will den gleichen Weg gehen. „Wenn wir nicht selbst aktiv werden, erlebt von uns keiner mehr, dass diese Glocke läutet“, sagt er. Er ist zuversichtlich, dass die Gemeinde die Summe stemmen kann. „Wir Hülser schaffen das.“

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