WZ-Mobil WZ-Mobil im dreckigsten Stadtteil: "Als ob man auf der Müllkippe wohnt"

Am WZ-Mobil machen sich viele Cracauer Luft — sie ärgern sich über dreckige Straßen und Plätze.

WZ-Mobil: WZ-Mobil im dreckigsten Stadtteil: "Als ob man auf der Müllkippe wohnt"
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Einen Riesenandrang gab es am Mittwoch am WZ-Mobil zum Thema Müll und Dreck in Cracau. Die einhellige Meinung: Es muss etwas passieren. „Was in den letzten Jahren im Bezirk Cracau abgeht, geht auf keine Kuhhaut“, sagen Inge und Dieter Klapsing, die hier seit 50 Jahren wohnen. „Vor Jahren hat noch fast jeder Eigentümer selbst mit im Haus gewohnt und auch noch auf Sauberkeit der Straße geachtet. Heute wird Miete kassiert. Der Rest interessiert nicht. Alles soll die Stadt richten.“

Hauseigentümer wie Georg und Käthe Meurers, die an der Hardenbergstraße leben, sehen diesen Trend ebenfalls kritisch. „Wenn unsere Mieter Dreck machen, dann sagen wir denen Bescheid.“ Auch den Betreiber des Kiosks an der Ecke haben sie schon gebeten, Zigarettenstummel und Dosenmüll zu entfernen. Was wilde Müllkippen angeht, haben die beiden die Erfahrung gemacht, dass das Abholen nicht lange hilft.

„Am nächsten Tag ist wieder Müll da.“ Margot Kother wäre „längst weggezogen, wenn sie hier nicht Eigentum hätte“. In ihrer Toreinfahrt an der Alten Linner Straße liegt so oft Müll, dass sie „eigentlich jeden dritten Tag bei der Stadt anrufen müsste“. Eine Hausbesitzerin von der Dießemer Straße hat „manchmal das Gefühl, wir leben auf einer Müllhalde“. An jeder Ecke, an der Platz sei, sammle sich Unrat. Wenn sie Besuch bekäme, müsse sie sich anhören ,Hier würde ich nicht wohnen wollen’“.

Karl-Heinz Töllers (82) ist vor drei Jahren aus Oppum an die Viktoriastraße gezogen und will wieder weg. „All diese Hundehaufen, und dann haben sie noch das Grün gegenüber auf dem Spielplatz weggemacht.“ Uwe Esser, der an der Seidenstraße Wohnung und Atelier hat, überlegt nach 15 Jahren, wegzuziehen. „Wir haben in einem kleinbürgerlichen Stadtteil Eigentum gekauft und erleben jetzt diese Negativveränderung.“

Auch er ruft einmal die Woche die Stadt an, weil auf dem Platz an der Ecke zur Alten Linner Straße die Haufen wachsen. „In anderen Ländern wird dreimal am Tag der Müll rausgestellt und abgeholt, dass das hier anders ist, muss man kommunizieren“, sagt der Künstler, der viel im Ausland unterwegs ist.

„Wir brauchen mal Dolmetscher“, sagt Ingrid Hohmann. Wobei Christa Wolters betont, dass das negative Verhalten durch alle Nationalitäten geht. „Die Straßenreinigung könnte dreimal am Tag kommen“, urteilt die Anwohnerin, die mit den Nachbarn auf ihrem Teil der Vereinsstraße vor der eigenen Tür kehrt.

Auch Thomas Wiedeking säubert eine Stunde pro Wochenende vor drei Häusern den Bürgersteig und Straßenrand, musste sich dafür aber auch schon kritisieren lassen. Herbert Schröder wohnt seit 1956 in Cracau. Er sagt: „Ich kehre selbst oft vor meiner eigenen Haustüre, um wenigstens diesen Bereich sauber zu halten. Aber im ganzen Stadtteil wird es von Jahr zu Jahr schlimmer.“ Das sieht auch Rainer Müller so: „Das große Problem sind die Leute, die Sperrmüll und Hausmüll durchwühlen. Alles was sie nicht mitnehmen, bleibt liegen und wird dann nicht mehr von den Mitarbeitern der Stadtreinigung mitgenommen.“

Ein weiteres Problem hat Inge Barfoth beobachtet. „Jeden Tag fahren morgens und mittags Streifenwagen durch Cracau. Aber abends, wenn die Leute ihren Müll auf der Straße entsorgen, ist niemand da.“

Dass „die Kinder im Dreck spielen“ und „zwischen zerbrochenen Bierflaschen“, regt Silvia Markert und Frishta Haschemi gleichermaßen auf.

Ulrike Hasselhuhn ist Hausmeisterin und Bewohnerin der Mietwohnungen der Baptistengemeinde an der Seidenstraße. Immer wieder räumt sie an der Straße liegende Müllsäcke in die hauseigene Tonne.

„Es gibt in der Nachbarschaft Wohnungen, bei denen man nicht ahnt, wie viele Menschen da wohnen. Ich vermute, dass die mit ihren Tonnen nicht auskommen.“ Manchmal liege es womöglich auch an Sprachproblemen. „Es ist schwierig, unser Müllsystem zu verstehen.“ Hilde Kalisch hat, nachdem sie einen Nachbarn auf Fehlverhalten aufmerksam gemacht hat, auch schon mal einen Mittelfinger gesehen und den Spruch „Ruf doch die Polizei“.

Was Dieter Bolten von der Dießemer Straße nicht gut fand, war der Hinweis bei einem Anruf bei der GSAK, er solle die Verantwortlichen ausfindig machen und Anzeige erstatten. „Das ist doch nicht meine Aufgabe.“

Abseits von Dreck, den Menschen im eigenen Quartier verursachen, hat Roland Jansen beobachtet, dass Abfallsammler auf der Suche nach Pfandflaschen und -dosen die Behälter öffnen. „Der ganze Unrat bleibt darunter auf dem Boden liegen. Es dauert nicht lange, bis mehr dazu kommt.“ Auch Verpackungen von Getränken, Fastfood und Süßigkeiten „einfach auf den Boden zu werfen“, sei eine Unart.

Rainer Scharl ärgert sich über Werbeprospekte, die nicht ganz in den Briefkasten geschoben würden und dann über die Straßen geweht würden. Rolf-Bernd Hechler betrachtet das Problem gesamtstädtisch und nennt wilde Kippen auch am Gutenbergplatz. Man müsse „damit anfangen, dass Kinder im Unterricht auf den Wert schöner Umwelt, auf die Vermeidung von Umweltverschmutzung und die Verantwortung eines jeden für öffentliches Gut hingewiesen werden“. Bei Älteren könnten nur drakonische Strafen helfen.

Was Kinder angeht, sieht Marie-Luise König vom Montessori-Kinderhaus St. Stephan noch ein Problem: „Wir bringen ihnen bei uns bei, Müll zu trennen und richtig zu entsorgen. Wenn sie dann auf die Straße gehen und den ganzen Müll sehen, ist es schwer zu vermitteln, was richtig ist.“

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