Stadtmitte Schiedsmann: „Bei mir gibt es keine Verlierer“

Reinhard Kröske (63) ist für die Stadtmitte zuständig und verhandelt in seinem Passat-Zimmer

Stadtmitte: Schiedsmann: „Bei mir gibt es keine Verlierer“
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Der oberste Leitspruch von Schiedsmann Reinhard Kröske lautet: „Die sollen sich vertragen.“ Seit über 20 Jahren ist der 63-Jährige im Ehrenamt tätig. Gerade jetzt wurde er zum fünften Mal für den Bereich Stadtmitte wiedergewählt und erreicht in dieser Amtszeit das 25. „Dienstjubiläum“.

Kröske wird nicht müde, Streithähne zu trennen. Seine Arbeit reicht von Nachbarschaftsfehden bis zu einer Verhandlung unter Polizeischutz. „Eigentlich wollte ich Schöffe werden“, erzählt er, der angibt, ein Ehrenamts-Fan zu sein. Doch der gebürtige Ratzeburger, der in Travemünde aufgewachsen ist und als Berufssoldat gearbeitet hat, lebte damals dafür noch nicht lange genug in Krefeld. „Also kam das Angebot, als Schiedsmann tätig zu sein. Im Juni 1995 habe ich angefangen.“

Verhandlungen führt er auf der ersten Etage seines Hauses. „Dort habe ich als Norddeutscher das sogenannte Passat-Zimmer eingerichtet — dort versuche ich, jeden Sturm in eine laue Brise zu verwandeln“, sagt er und lacht. Immer gelinge das nicht. Aber: „In den vergangenen Jahren habe ich 420 Fälle verhandelt und davon 300 geschlichtet. Das sind 73 Prozent im Nachbarschafts-, Straf- und Zivilrecht“, erklärt er nicht ohne Stolz.

Lehrgänge seien die Grundlage, um richtig handeln zu können. Gesunder Menschenverstand und Verhandlungsgeschick seien aber ebenso wichtig. „Bei mir gibt es keine Verlierer.“

Einige Fälle sind ihm besonders in Erinnerung geblieben: „Die Geschwister einer temperamentvollen italienischen Familie hatten Streit. Zehn Personen waren daran beteiligt. Dieser Familienzwist konnte nicht geschlichtet werden. Ich habe nur gedacht: Hallo, hier geht‘s ja richtig ab.“ Auch die Sache, als ein Disco-Besitzer von seinem Mitarbeiter bestohlen worden war, halt noch nach. „Es handelte sich um einen vierstelligen Betrag.“ Als sich der Bestohlene beleidigend bei den beiden Geschwistern des Diebes äußerte, stach der ihn nieder.

Diese Tat — der versuchte Tötungsdelikt — wurde dann vor dem Landgericht verhandelt. Die beiden Nebenklagen der Beleidigung wurden an das Schiedsamt verwiesen. Da der Disco-Besitzer Angst vor weiteren Übergriffen hatte, wurde „unter Polizeischutz in meinem Passat-Zimmer gesprochen“, sagt Kröske. Das Ergebnis war dann eine Entschuldigung.

Der Schiedsmann-Vergleich — stets das Ziel der Verhandlung — gilt 30 Jahre und länger. „Da heißt es: Sich vertragen.“ An die Abmachung muss sich gehalten werden, auch über den Tod des Gegners hinaus. Und noch eines: Das Amt des Schöffen hat Reinhard Kröske natürlich auch schon länger inne.

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