Konzert Musik aus dem Schlafgemach des Königs

Cracau. · Das Trio „A Chest of Viols“ spielt in der Michaelkirche englische Gambenmusik aus dem 16. und 17. Jahrhundert.

 Zum Trio A Chest of Viols gehören (v.l.) Martin Ingenhütt, Takuma Murayama und Andrea Heerich.

Zum Trio A Chest of Viols gehören (v.l.) Martin Ingenhütt, Takuma Murayama und Andrea Heerich.

Foto: Dirk Jochmann/Dirk Jochmann (DJ)

Gerade einmal ein Dutzend Musikinteressierter wagt in der Michaelkirche eine Zeitreise in die Musik Englands während des 16./17. Jahrhunderts. Drei Gamben sind die Botschafter für die Musik am Übergang von der Renaissance zum Frühbarock. Der Gambenspieler Martin Ingenhütt erklärt, was sich in den besseren Kreisen der englischen Gesellschaft in einer Chest of Viols einst befand. In besagter Kiste (Chest) bewahrte man einen ungewöhnlichen „Schatz“, nämlich seine Gamben, auf. Dieses Instrument erfreute sich großer Beliebtheit, und es gehörte zum guten Ton, es selber in Gesellschaft zu spielen. Nach dem Essen wurden oftmals die Instrumente und Noten herausgeholt und gemeinsam musiziert.

Für die Hausmusik in Burg und Schloss war es von Vorteil, so Ingenhütt, dass man um das Jahr 1500 in Italien die Gambe - Viola da gamba - nicht nur erfunden, sondern sie auch gleich in verschiedenen Größen und damit auch unterschiedlichen Tonlagen gebaut hatte.

Das Trio A Chest of Viols musiziert auf drei Gamben: Andrea Heerich auf einer Diskantgambe, der kleinsten Kniegeige, Martin Ingenhütt auf einer Altgambe und Takuma Murayama auf einer Bassgambe. Jeder hat jedoch ein anderes Instrument an einer Musikhochschule studiert, bis man sich 2014 traf und beschloss, Gamben zu spielen und diese Musik in der Öffentlichkeit vorzustellen.

Sie beginnen ihr Konzert mit einer Fantasy von Orlando Gibbons (1583-1625). Es ist ein langsames, sehr getragenes Stück. Die fast schon meditative Wirkung der Fantasy will sich aber nicht einstellen, denn Befremdliches erklingt von der Diskantgambe. Liegt es an dem Instrument, an der Musik der Renaissance? Nein, es ist ein fehlerhaftes Spiel, das sich durch das ganze Konzert hindurch ziehen wird.

Häufig erklingen Töne, die um winzige Nuancen zu hoch oder zu tief sind. Dabei erleichtern Bünde wie bei der Gitarre eigentlich die korrekte Position eines Griffes auf der Gambe. Doch die schiefen und unglücklicherweise auch noch oft langen Töne fallen noch mehr durch den durchdringenden und harten Klang der Diskantgambe auf.

Ein anderes Manko ist die Bogenführung der Musikerin. Sie zieht ihn oftmals nicht mit dem gleichen Druck, so dass die Töne „ausfransen“, nicht gleichmäßig erklingen.

So geht es durch das Programm mit Werken von Matthew Locke (1621-1677) und Thomas Morley (1558-1602). Als musikalische Grundstimmung kommt dabei auch eine traurige in verschiedenen Variationen zum Klingen. Vom Lamentieren, Kummer und schnödem Abschied künden die Titel einiger Stücke. Wie ein winziger Lichtblick erscheint da ein kurzer Satz mit dem Titel „Sarabande“. Das versetzt den Zuhörer für Augenblicke in eine tanzende Gesellschaft auf einer Burg.

Dann erzählt Ingenhütt, dass sich der Komponist Gibbons am Hofe Charles I. einen besonders hohen Rang erarbeitet hatte: Er durfte sogar im königlichen Schlafzimmer spielen. Für diese Gelegenheit müssen wohl die anderen Komponisten auch geschrieben haben, betrachtet man die Programmauswahl.

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