Handel Westwall-Markt steht vor dem Aus

Krefeld · Trotz weniger Besucher: Stadt plant höhere Abgaben für Marktbeschicker.

Gemüsehändler Christian Behr. Foto: abi

Gemüsehändler Christian Behr. Foto: abi

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„Ich bin immer hier“, sagt Christian Behr voller Zuversicht zu einem Kunden. Der Obst- und Gemüsehändler steht jeden Dienstag und Freitag am südlichen Ende des Westwall-Marktes. „So leer wie heute war es selten“, sagt Behr. Die Lücken zwischen den Ständen sind kaum zu übersehen. Besucher sind nicht viele gekommen. Die meisten sind Stammkunden. „Viele Kollegen haben den Dienstag schon abgeschenkt. Es lohnt sich einfach nicht mehr. Es ist 10 Uhr und ich habe immer noch Minus in der Kasse“, klagt der Willicher. Gleiches Bild an der Fischbude von Petra Müller-Mehrholz. „Ich muss es so sagen: Die Situation ist krass.“

Händler kritisieren
hohe Standgebühren

Die schwindenden Besucherzahlen machen allen Händlern zwischen Markt- und Lindenstraße zu schaffen. „Die Stadt schafft aber auch keine Anreize, es ist ein Trauerspiel und irgendwann ist es wohl einfach vorbei“, sagt Gerta van den Bergh, die seit 30 Jahren Eier am Westwall verkauft. „Wir haben ja nicht mal öffentliche Toilettenanlagen hier, dazu die hohen Standgebühren“, kritisiert Behr. Der Willicher muss zynisch lächeln, als er durch unsere Zeitung erfährt, dass die Stadt die Gebühren für Marktbeschicker wieder anheben will. „Dann bin ich hier weg“, sagt er sauer. Auch Marion Krüger, Verkäuferin am Tee- und Gewürzstand, erklärt: „Irgendwann rechnet sich das hier nicht mehr. Ich komme zweimal die Woche aus Gelsenkirchen. Wir haben viele Stammkunden in Krefeld, aber irgendwann ist Schluss.“

Aussagen, die verdeutlichen, dass die Zukunft des Westwallmarktes am seidenen Faden hängt. Erst recht sollte die Verwaltung ihren Plan, die Gebühren für die Marktbeschicker in den kommenden Jahren wieder zu erhöhen, in die Tat umsetzen. Auf Nachfrage unserer Zeitung heißt es aus dem Rathaus, dass mögliche Modelle zur Betragserhöhung noch geprüft würden. Den Weg in den Haushaltsplan hat der Gebührenanstieg indes schon gefunden. So kalkuliert die Stadt für 2018 mit 315 000 Euro an Gebühren von Marktbeschickern, für den Zeitraum von 2019 bis 2021 immerhin noch mit 300 000 Euro. „Ein moderater Anstieg, nachdem in den vergangenen Jahren nicht erhöht wurde“, berichtet ein Stadtmitarbeiter im Finanzausschuss. Im Vergleich: 2017 steht an gleicher Stelle noch ein Einnahmeplus von 278 869 Euro.

„Krefeld ist deutlich teurer als andere Städte“, sagt Behr und rechnet vor. In Kaiserswerth koste ihn der Standmeter 1,35 Euro, in Büttgen 2,02 Euro und in Krefeld 3,29 Euro. „Manchmal hat man das Gefühl, die Stadt will den Markt gar nicht mehr. Dann sollen sie es doch einfach sagen“, sagt Fischverkäuferin Müller-Mehrholz, die ihre Kritik noch vertieft: „Ich habe hier einmal Tische hingestellt, damit die älteren Besucher ihr Fischbrötchen nicht im Stehen essen mussten und hier wieder ein Verweilcharakter entsteht. Von der Stadt wurde mir sofort gesagt, ich müsse jetzt mehr zahlen oder wieder abbauen. Von selber wird aber von der Stadt keiner aktiv, um die Situation hier zu verbessern“, ärgert sie sich.

Stadt beschreibt Märkte als besonderes Einkaufserlebnis

Auf die Frage hin, wie die Stadt die aktuelle Entwicklung der Wochenmärkte in Krefeld bewerte, verweist die Verwaltung auf einen Link zur städtischen Homepage, wo die Märkte als Einkaufserlebnis der besonderen Art gepriesen werden. Ein aktuelles Statement gibt es nicht. Dafür einen Hinweis auf eine Vorlage auf ein Verwaltungsdokument aus März 2016. Darin wird bereits eine abnehmende Besucherzahl auf dem Westwall und in Uerdingen bemängelt. In beiden Fällen soll ein „Zusammenrücken“ der Stände die Märkte stärken. Der nördliche Teil des Westwallmarktes wurde daraufhin gestrichen. Zweieinhalb Jahre später zeigt sich der Markt trotz der Verkleinerung noch zerklüfteter als 2016. Und Christian Behr muss sich fragen, ob er wirklich „immer hier sein wird“.

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